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# taz.de -- Anradeln auf der Charlottenstraße: „Allet nur grüne Klientelpol…
> Es riecht nach Farbe. Die Charlottenstraße ist Berlins neue
> Fahrradstraße. Ein erstes Teilstück ist fertig. Unsere Autorin fuhr schon
> mal Probe.
Bild: Bettina Jarasch (Mi.) fährt zur Eröffnung durch einen Teil der Fahrrads…
Berlin taz | Montag, kurz vor 9 Uhr: Es ist nasskalt, Straßenarbeiter mit
orangegelben Westen wuseln auf der Straße herum, Verkehrshütchen werden
neben frisch gemalte Spuren gestellt. Es riecht nach Farbe. Grün und weiß
sind die Markierungen, die die Charlottenstraße in Mitte als neue
Fahrradstraße ausweisen. Der nördliche Abschnitt zwischen Unter den Linden
und der Taubenstraße ist fertig, der mittlere Teil bis zur Mohrenstraße
wartet auf Vollendung, im südlichen Teil, der an der Leipziger Straße
endet, ist außer ein paar dünnen Linien auf dem Asphalt noch nichts zu
sehen. Ein Polizist, Hände in den Taschen, schaut den Arbeitern zu. Wie er
das findet? „Is doch allet nur grüne Klientelpolitik“, sagt er.
Wenige Minuten später: An der Ecke Unter Linden hat sich eine
Menschentraube gebildet. [1][Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch] und die
Verkehrsstadträtin von Mitte, Almut Neumann, (beide Grüne) haben zum
„Anradeln“ eingeladen. Ab sofort haben Radfahrer hier Vorrang, sie dürfen
die gesamte Fahrbahn benutzen und auch nebeneinander fahren. Nur
Lieferanten und Anlieger dürfen die Straße noch mit dem Auto in die
Charlottenstraße – zu Letzteren gehören auch Menschen, die ein Parkhaus
ansteuern.
[2][Die Charlottenstraße sei Teil des Radvorrangnetzes], „an dem wir mit
Hochdruck arbeiten“, sagt Jarasch. 890 Kilometer seien es insgesamt. Wo
denn der Anschluss an dieses Netz sei, erkundigt sich ein Radfahrer, der
sich unter die Journalisten gemischt hat. Hier in der Charlottenstraße sei
ein Teil fertig, windet sich Jarasch um die Antwort herum. Alle seien
eingeladen, sich das Gesamtnetz einmal auf der Webseite ihrer Verwaltung
anzusehen. Mit der Charlottenstraße hätten Radfahrer nun eine Alternative
zur Friedrichstraße.
Das ist das Stichwort: Wann die geplante Fußgängerzone auf der
Friedrichstraße denn nun komme? Das Thema interessiert die Anwesenden
eindeutig mehr als die Charlottenstraße. Das Verwaltungsgericht hatte am
24. Oktober die Sperrung eines rund 500 Meter langen Teilstücks zwischen
Französischer und Leipziger Straße für rechtswidrig erklärt. Ab Mittwoch
wird dieser Abschnitt wieder für den Kfz-Verkehr freigegeben.
## Gründlichkeit schlägt Schnelligkeit
Aber nur vorübergehend. Die Fußgängerzone auf der Friedrichstraße werde
kommen, versichert Jarasch, Ende des Jahres oder zu Jahresbeginn,
„Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“. Auf einen Tag will sich die
Senatorin nicht festlegen. Ihre Pressesprecherin verweist darauf, dass das
Verfahren zur dauerhaften Umwidmung der Friedrichstraße in eine
Fußgängerzone läuft und die Veröffentlichung der Umwidmung im Amtsblatt bis
Jahresende angestrebt werde.
Auf der Charlottenstraße herrscht derweil ziemliches Chaos. Autos irren
durch die Gegend, weil die Einbahnstraße mal gen Süden, mal gen Norden
ausgerichtet ist. Zwischendrin die Straßenarbeiter und mehrere zur
Überwachung der neuen Regelung eingesetzte Polizisten. „Bitte wenden,
zurückfahren“, forderten sie die verwirrten Fahrer auf.
Bis sich die Charlottenstraße als Fahrradstraße eingespielt habe, werde man
die Polizei brauchen, hat Jarasch kurz zuvor gesagt. Denn für den
fließenden Verkehr sei das bezirkliche Ordnungsamt nicht zuständig, so
Stadträtin Neumann. Eine Stunde später sind die Polizisten allerdings schon
verschwunden.
21 Nov 2022
## LINKS
[1] /Parteitag-der-Berliner-Gruenen/!5893279
[2] /Umbau-der-Charlottenstrasse/!5890486
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Friedrichstraße
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