# taz.de -- Messe in Hannover: Tierindustrie will Kuh-Kumpel sein | |
> Die Messe „Euro-Tier“ soll zeigen, wie sich die Branche mit den Themen | |
> Klimawandel und Tierwohl auseinandersetzt. Protest gibt es trotzdem. | |
Bild: Kuh-Modelle in einer Melkvorrichtung auf der „Euro-Tier“ | |
HANNOVER taz | Zweimal tritt die Tierbetreuerin der am Boden liegenden Kuh | |
gezielt an ihr Hinterteil, bis diese aufsteht und sich in voller Größe den | |
vielen vorbeischlendernden Menschen präsentiert. Die Kuh befindet sich | |
derzeit zusammen mit unzähligen weiteren Artgenoss*innen in den | |
Messehallen in Hannover. Dort findet noch bis zum Freitag die Messe | |
„Euro-Tier“ statt. | |
Nachdem die Messe 2020 wegen der Coronapandemie ausgefallen war und | |
[1][2021 nur digital hatte stattfinden können], füllen sich die Hallen in | |
diesem Jahr wieder. Auf der „Weltleitmesse für professionelle Tierhaltung | |
und Livestock-Management“, so die Selbstbeschreibung, einer Messe für | |
Viehwirtschaft also, stellen in diesem Jahr 1.700 Unternehmen aus 55 | |
Ländern ihre Produkte und Dienstleistungen aus. [2][Deutlich weniger als | |
noch vor vier Jahren], als mehr als 2.500 Aussteller zur Messe nach | |
Hannover anreisten, wie die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete. | |
Das Motto dieses Jahres, „Transforming Animal Farming“, stehe für die | |
Auseinandersetzung der internationalen Tierhaltungsbranche mit den drei | |
Kern-Herausforderungen Produktivität, Klimawandel und Tierwohl, sagte der | |
Präsident der die Messe veranstaltenden Deutschen | |
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), Hubertus Paetow, in seiner | |
Eröffnungsrede am Dienstag. | |
An vielen Ständen ist Tierwohl ein zentrales Thema. Das Unternehmen | |
Bonilait beispielsweise stellt laut dem Agrarfachmagazin Agrarheute | |
[3][eine neue Futterlösung vor], welche die Auswirkungen von Hitzestress | |
auf Zuchtkälber mindern soll. | |
In der Halle sind auf Werbebannern in allen Größen die immer gleichen | |
Bilder zu sehen: hungrige Ferkel, die an den Zitzen ihrer Mutter saugen; | |
ein Mensch, der einen Arm kumpelhaft auf die Schultern eines Kalbs gelegt | |
hat und in die Kamera lächelt. Oder eine Collage in Bremer | |
Stadtmusikanten-Manier, auf der Kuh, Schwein und Huhn übereinander | |
gestapelt wurden. | |
## Protest vor und in der Halle | |
Protest von Seiten der Klimagerechtigkeitsbewegung sowie von | |
Tierschutzorganisationen gab es bislang vor allem am Eröffnungstag. Peta | |
Deutschland hatte vor einem der Messeeingänge zu einer Versammlung | |
mobilisiert, bei der sich rund 20 Aktivist*innen versammelten, mit | |
Traktor, Tierkostümen und Kunstblut. Außerdem störten | |
Tierschützer*innen der Organisation Animal Rebellion und des Bündnisses | |
„Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ verschiedene Vorträge auf der Messe. | |
Ein*e Aktivist*in klebte sich ans Redner*innenpult, andere erklommen ein | |
Dach einer Messehalle, um ein Banner zu montieren. | |
Auch innerhalb der landwirtschaftlichen Betriebe gebe es vor allem kleine | |
Akteur*innen, die die Euro-Tier mieden, weil sie sich keinen Nutzen davon | |
versprächen, sagt Pressesprecherin Meerle von „Gemeinsam gegen die | |
Tierindustrie“. Die Messe sei vor allem „eine Bühne für die großen Playe… | |
um sich als ökologische und tierwohlorientierte Unternehmen zu | |
präsentieren. „Wir fordern eine sofortige Reduzierung der gehaltenen Tiere | |
und langfristig den kompletten Ausstieg aus der Tierindustrie“, sagt | |
Scarlett Treml, Pressesprecherin von Animal Rebellion. | |
Guido Oppenhäuser, Pressesprecher des DLG, verweist auf taz-Anfrage [4][auf | |
Veranstaltungen zu Themen wie Tierwohl] und Umgang mit erkrankten Tieren, | |
die auf der Messe stattfinden. Außerdem vergebe „die DLG zusammen mit dem | |
Bundesverband der praktizierenden Tierärzte auch einen Sonderpreis, den | |
‚[5][Animal Welfare Award]‘“, betont er. | |
Am metallenen zwischenzeitlichen Zuhause der Messe-Kühe sagt ein Besucher | |
zu seinem Begleiter: „Ich finde das ja nicht gut, dass die die Viecher hier | |
halten.“ Auf Nachfrage erzählt Marco Emde, selbst Landwirt in Ausbildung im | |
Kreis Kassel, dass er keine direkten Anzeichen erkennen könne, die darauf | |
hinwiesen, dass es den Tieren momentan schlecht ginge. „Solange sie | |
wiederkäuen, sind sie entspannt“, erklärt Emde. | |
Aber dass sie acht bis zehn Stunden am Tag im Messetrubel liegen sollten, | |
bezweifelt der Landwirt. Er stellt die Frage, über die die | |
Tierschutzorganisationen und die Tierhaltungsbranche wohl ewig streiten | |
werden: „Muss das sein? | |
17 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Tiermesse-wird-voruebergehend-digital/!5747574 | |
[2] https://www.haz.de/wirtschaft/regional/eurotier-2022-in-hannover-leistungss… | |
[3] https://www.agrarheute.com/tier/rind/neuheiten-eurotier-2022-neues-fuer-kae… | |
[4] https://www.eurotier.com/de/programm/veranstaltungskalender#/suche/f=cat_DL… | |
[5] https://www.eurotier.com/de/awards/animal-welfare-award/gewinner-2022 | |
## AUTOREN | |
Jasper von Römer | |
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Den Tieren erspart das eine ganze Menge Stress. |