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# taz.de -- Sasionabschluss in der US Frauenliga: Befreiende Feier
> Die Fußballerinnen der Portland Thorns sind Meisterinnen. Sie beenden
> eine denkwürdige Saison, die von Missbrauchsenthüllungen geprägt war.
Bild: Mit reichlich Lametta geschmückt, verlässt Meisterin Christine Sinclair…
Vielleicht nicht enttäuschend, aber doch vergleichsweise geschäftsmäßig
ging am Sonntag die Saison der National Women’s Soccer League (NWSL) zu
Ende. Das Finale war eine wenig spektakuläre Angelegenheit: Die Portland
Thorns, gespickt mit erfahrenen Nationalspielerinnen aus den USA, Kanada,
Japan oder Finnland, gingen schon in der vierten Minute in Führung, der
schlussendliche 2:0-Erfolg geriet kaum einmal in Gefahr. Die
Außenseiterinnen von Kansas City Current dagegen konnten sich kaum Chancen
erspielen.
Die 17.000 Zuschauer und vor allem Zuschauerinnen in Washington, D. C.,
feierten nichtsdestotrotz. Ein wenig sich selbst, aber auch die
Verliererinnen, die bis dahin eine erstaunliche Siegesserie hingelegt
hatten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Kansas City erst 2021 in die NWSL
eingestiegen ist und in der vergangenen Saison noch das schlechteste Team
der Liga war.
Im Mittelpunkt aber standen ganz eindeutig die Portland Thorns. Nicht nur,
weil der Klub aus der Hipster-Metropole im Nordwesten der USA seinen
dritten NWSL-Titel gewann, sondern vor allem, weil die Spielerinnen eine
extrem turbulente Saison hinter sich haben. Stand Portland doch im
Mittelpunkt des Missbrauchs-Skandals, der im Laufe der Spielzeit mit immer
neuen Details das, was auf dem Rasen ablief, oft in den Schatten stellte.
„Die Spielerinnen haben so viel durchgemacht, sie hätten daran auch
zerbrechen können“, sagte Thorns-Trainerin Rhian Wilkinson vor dem Finale.
Die Folgen der Enthüllungen waren beim Endspiel in Washington nicht zu
übersehen: Statt wie im US-Sport sonst üblich noch vor den Spielerinnen den
Pokal in die Höhe zu recken, war der Eigentümer des Klubs dem
Saisonhöhepunkt ferngeblieben. Kein Wunder: Merritt Paulson hat nicht nur
zu verantworten, dass die sexuellen Übergriffe und Missbrauchskultur unter
Trainer Paul Riley von 2014 bis 2015 vertuscht wurden, sondern auch, dass
Riley auch nach seiner Zeit in Portland weiter als Chefcoach Beschäftigung
fand.
## Folgenreiche Enthüllungen
Mana Shim, früher Profi in Portland, hatte schon im Jahr 2021 schwere
Vorwürfe gegen den Trainer erhoben, darunter sexuelle Nötigung. Sie war
nicht die einzige Aktive, die von Missbrauch in NWSL-Klubs berichtete. In
der Folge verloren fünf Cheftrainer und eine Sportdirektorin ihren Job,
auch NWSL-Verantwortliche traten zurück, allen voran die Liga-Chefin Lisa
Baird.
Zudem wurde die frühere Staatsanwältin Sally Yates mit einer
Sonderermittlung beauftragt. Ihr Bericht dokumentiert nicht nur die
Übergriffe von Riley in seiner Zeit in Portland, sondern ein ganzes „System
von verbalem und emotionalem Missbrauch sowie sexuellem Fehlverhalten“, das
nicht nur die Klubs der NWSL, sondern auch den US-Verband betraf. Nicht
zuletzt wurde eine im Frauenfußball grassierende [1][Schweigekultur und
Vertuschungspraxis] offengelegt.
Endlich zogen auch die Verantwortlichen der Portland Thorns, bis dahin
Vorzeigeklub der NWSL mit den mit Abstand meisten Zuschauer*innen,
Konsequenzen: Besitzer Paulson feuerte seinen Manager und seinen
Klubpräsidenten und zog sich selbst aus dem Tagesgeschäft zurück. Aber die
immer lauter werdenden Forderungen, die Franchise zu verkaufen, ignoriert
er bis heute.
Trotz – oder ja vielleicht sogar aufgrund – der Turbulenzen war die Saison
ein Erfolg. Die NWSL konnte einen neuen Zuschauerrekord feiern: Erstmals
kamen insgesamt mehr als eine Millionen Zuschauer*innen in die Stadien,
der Zuschauerschnitt stieg auf 7.894 pro Partie. Die Zuwächse sind
allerdings sehr ungleich verteilt: In Chicago oder New York kommen weniger
als 4.000, in Portland dagegen durchschnittlich mehr als 15.000 ins
Stadion.
Absoluter Zuschauerkrösus ist aber ausgerechnet das neueste Mitglied der
Liga: [2][Der Angel City FC], für den auch die deutsche Nationalkeeperin
Almuth Schult spielt, wurde in seiner ersten NWSL-Spielzeit zwar nur
Achter. Dennoch konnte der Klub, zu dessen Besitzerkonsortium eine ganze
Reihe prominenter Ex-Leistungssportlerinnen und Schauspielerinnen wie
Serena Williams, Mia Hamm, Natalie Portman und Eva Longoria gehört, im
Schnitt mehr als 19.000 ins Stadion in Los Angeles locken.
1 Nov 2022
## LINKS
[1] /Sexueller-Missbrauch-im-US-Frauenfussball/!5882401
[2] /Frauenfussballprojekt-in-den-USA/!5867934
## AUTOREN
Thomas Winkler
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