Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Olympische Spiele 1928 in Amsterdam: Die royale Boykotteurin
> Die niederländische Königin Wilhelmina blieb 1928 der
> Olympia-Eröffnungszeremonie fern. Der Grund: Sie hatte sich über das IOC
> geärgert.
Bild: Königin Wilhelmina und ihre Tochter beim Eislaufen (Aufnahme von 1930)
Die Geschichte der niederländischen Königin Wilhelmina ist eng mit dem
Sport verknüpft. Gleichwohl war sie das erste Staatsoberhaupt, das die
Eröffnungsfeier von [1][Olympischen Spielen] boykottierte. Der Grund für
ihre demonstrative Abwesenheit bei den Spielen von [2][Amsterdam 1928] war
allerdings nicht, wie vor allem in US-Medien oft kolportiert, dass sie die
Veranstaltung wie einige Geistliche des Landes für ein heidnisches Fest
hielt. Die Königin war vielmehr schlicht beleidigt, weil das IOC den Termin
der Spiele eigenmächtig bestimmt hatte.
Formal war Wilhelmina seit dem Tode ihres Vaters Willem III. im Jahr 1890
Königin der Niederlande, aber weil sie zu diesem Zeitpunkt erst zehn Jahre
alt war, wurde sie bis zur Volljährigkeit von Mutter Emma als Regentin
vertreten. Emma, geboren in Bad Arolsen, war die zweite Frau von Willem
III., bei der Hochzeit mit dem 63 Jahre alten Monarchen war sie gerade 20
Jahre alt. Willems drei Söhne aus erster Ehe waren jung gestorben, zuletzt
1884 Kronprinz Alexander van Oranje-Nassau mit 32 Jahren an Fleckfieber.
Um das Vertrauen der Niederländer in die Monarchie zu stärken, ging Emma
sehr geschickt vor, sie machte unter anderem Niederländisch zur offiziellen
Hofsprache. Und sie benutzte gezielt Sportveranstaltungen, um Wilhelmina im
Volk bekannt zu machen.
Die vorherigen niederländischen Könige waren durchweg sportbegeistert
gewesen, Willem I. und seine Familie organisierten ab 1816 zum Beispiel auf
Schloss Het Loo regelmäßig Wettkämpfe im Mastklettern, Willem II. turnte
und ruderte. Emma selber hatte mehrmals an Ruder-Rennen auf der Amstel
teilgenommen. Und als im Jahr 1892 in Scheveningen eine internationale
„Sport-, Fischerei-, und Pferde-Ausstellung“ stattfand, waren sie und
Wilhelmina bejubelte Schirmherrinnen.
## „Dreieinigkeit von Sport, Vaterland und Oranje“
Wilhelminas Krönung im Jahr 1898 wurde von den Sportvereinigungen des
Landes mit großen Festen im südholländischen Clingendael und in Amsterdam
gefeiert, die anwesende neue Koningin bekam ein von Künstlern aufwändig
gestaltetes, kostbares Sportalbum geschenkt, sogar Fußball kam darin vor.
Der Sporthistoriker Daniël Rewijk bezeichnet die damaligen Sportfeste und
das Album als den Moment, in dem der Sport in den Niederlanden respektabel
und bedeutend wurde und „Grundstein für die Dreieinigkeit von Sport,
Vaterland und Oranje“.
Um die Spiele zu promoten, hatte das Niederländische Olympische Komitee
eine eigene Wochenzeitung mit dem Titel De Olympiade gegründet, die zum
ersten Mal am 2. Juli 1924 erschienen war. Deren Ziel: „In allen
Bevölkerungsschichten unseres Landes und unserer Kolonien eine starke
sportliche und patriotische Propaganda für die Spiele in Amsterdam 1928 zu
betreiben.“ Chefredakteur Jan Hoven setzte zudem auf einen besonderen Dreh,
um den Namen der Veranstaltung bekannt zu machen: Fast alle Überschriften
begannen mit den Worten „De Olympische Spelen“.
Bei der Eröffnungsfeier am 12. August 1928 fehlte Wilhelmina. Sie sei auf
einem lange vorab geplanten Besuch in Norwegen, hieß es zur Begründung,
aber das war gelogen: Die Königin befand sich in Amsterdam. Als Ersatz
besuchte Ehemann Prinz Hendrik die Veranstaltungen und verlieh Medaillen,
aber Publikum und Journalisten waren empört über das Fernbleiben der
Königin.
Wilhelmina gab schließlich nach, wohl auch, weil Verschwörungsgeschichten
über ihr Fehlen kursierten. Sie richtete schließlich im Palast ein Fest für
die Olympioniken aus und erschien höchstselbst, unter anderem bei
Turnwettbewerben. Ein historisches Foto zeigt sie überdies bei der
Verleihung der Goldmedaille im Segeln an den norwegischen König Olav, der
die 6-Meter-Yacht-Klasse gewonnen hatte.
27 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=4D_ReG_XnEM
[2] /Geschichte-der-800-Meter-Laeuferinnen/!5754630
## AUTOREN
Elke Wittich
## TAGS
Königshaus
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kolumne Erste Frauen
Niederlande
Kolumne Erste Frauen
Kolumne Erste Frauen
Schwerpunkt Boykott Katar
Kolumne Erste Frauen
Kolumne Erste Frauen
Kolumne Erste Frauen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tennis-Pionierin aus den USA: Mit Rauchen zum Erfolg
Wie die Farmerstochter Alice Marble Wimbledon gewann – und einer
diskriminierten Kollegin zum Durchbruch verhalf.
Eisschnellläuferin Lela Brooks: Autodidaktin auf dem Eis
Mit 17 Weltrekorden steht die Kanadierin Lela Brooks in den
Geschichtsbüchern des Eisschnelllaufs – dank eines eigenen Trainings- und
Ernährungsplans.
Alternative zum Fußballgucken: Ist Yoga Sport?
Wer die WM in Katar boykottiert, kann die Zeit zum Training nutzen. Die taz
probiert trendige Sportarten aus und berichtet, ob sich das Nachmachen
lohnt.
Frauen im Kricket: Wie eine Batterin Indien veränderte
Mithali Raj ist hierzulande unbekannt, auf dem Subkontinent eine Art
Nationalheldin des Frauenkricket. Nach 23 Profijahren beendet sie ihre
Karriere.
Wassersprung-Sportart Dødsen: Grenzen austesten
In Oslo finden die 15. Weltmeisterschaften im Dødsen statt. Seit 2018 sind
bei der spektakulären Wassersprung-Sportart auch Frauen dabei.
Erfinderinnen des Sport-BHs: Verzwickte Angelegenheit
Vor erst 44 Jahren wurde der erste Sport-BH angeboten. Die Pionierinnen
mussten bei ihrer so nützlichen Erfindung männliche Widerstände überwinden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.