# taz.de -- Verkehrsaktivist vor Gericht: Und es war doch ein triftiger Grund | |
> Als „Polizeibeobachter“ lässt Andreas Schwiede Falschparker abschleppen. | |
> Der Polizei stößt das sauer auf. Jetzt musste er vor Gericht erscheinen. | |
Bild: Andreas Schwiede lässt gerne Autos fliegen (Symbolbild) | |
Berlin taz | Er ist der „Polizeibeobachter“: Andreas Schwiede meldet seit | |
vielen Jahren Falschparker, die den Fuß- und Radverkehr gefährden, vor | |
allem in Schöneberg, aber auch anderswo, je nachdem, wo er gerade so | |
vorbeikommt. Seit 2016 [1][twittert er auch über diese Tätigkeit fast | |
täglich] unter dem Kürzel „poliauwei“, was ihm einige Follower eingebracht | |
hat – virtuelle, aber auch solche, die es ihm auf der Straße gleichtun und | |
sich das Label „Abschleppgruppe“ gegeben haben. | |
Das schmeckt weder den angezeigten Falschparkenden noch der Berliner | |
Polizei. Wie Schwiede unlängst der taz im Interview erläuterte, hat er | |
einen Leitfaden entwickelt, bei dessen akribischer Befolgung durch Meldende | |
den BeamtInnen kaum etwas übrig bleibt, als das Corpus delicti versetzen – | |
vulgo: abschleppen – zu lassen. Begeistert sind sie von so viel ungefragter | |
Hilfestellung allerdings überhaupt nicht. | |
[2][Im taz-Gespräch erklärte Schwiede auch], warum ihm eine simple Anzeige | |
nicht reicht: Sie führe meist nicht zum Abschleppen des Wagens, also bleibe | |
die Verkehrsgefährdung bestehen. Würden nun die Bußgelder deutlich erhöht, | |
sei das auch keine Lösung, denn: „Es würde nur dazu führen, dass stärker | |
juristisch dagegen vorgegangen und Widerspruch eingelegt wird. Das wird | |
dann alles eingestellt, die Staatsanwaltschaft hat nicht die Kapazitäten.“ | |
Am Mittwoch wurde Schwiede vor dem Amtsgericht Tiergarten vorstellig, denn | |
diesmal war er es selbst, der sich gegen einen Bußgeldbescheid gewehrt | |
hatte: Im Januar 2021 war er auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle gewesen, | |
wozu er am Südkreuz umsteigen muss. Beim Warten auf den Bus wollte er einen | |
Falschparker anzeigen, aber die Beamten, an die er sich wandte, versuchten | |
den Spieß umzudrehen: Damals herrschte ein strenger Coronalockdown, und | |
Schwiede, so jedenfalls ihre Interpretation, war ohne triftigen Grund in | |
der Öffentlichkeit unterwegs. | |
## Zu den Akten gelegt | |
Für Schwiede ist klar: „Denen geht es darum, uns aus dem Verkehr zu | |
ziehen.“ Gerade der Polizeiabschnitt 42 habe ihn auf dem Kieker. Es war | |
auch nicht das einzige „Lockdown-Bußgeld“ für die Abschleppgruppe, einige | |
seiner Mitstreiter traf es ebenso – und ihn selbst gleich vier Mal. Alle | |
anderen Fälle wurden vom zuständigen Gesundheitsamt wieder zu den Akten | |
gelegt. In einem Fall, so Schwiede, habe er nachweisbar gar nicht seine | |
Wohnung verlassen, sondern nur die Beobachtung einer Bekannten telefonisch | |
der Polizei gemeldet. | |
Der Vorfall vom Südkreuz hat es nun doch in den Gerichtssaal geschafft. | |
Besonders lange dauert das Ganze aber nicht, der Richter lässt sich von | |
Schwiede Belege seiner Arbeitsschichten zeigen und fragt ein paar Mal nach | |
dem genauen Weg, der dorthin zurückzulegen ist. Dann stellt er das | |
Verfahren ein. | |
Schwiedes Erklärung, die Polizei möge ihn halt nicht, weil er ihre | |
Untätigkeit bloßstelle, quittiert der Richter mit einem schulterzuckenden | |
„Kann schon sein“. Und ob ein eingestelltes Verfahren nicht ein „Freispru… | |
zweiter Klasse“ sei? „Damit müssen Sie nun leben.“ Dass Schwiede damit | |
leben kann und weitermacht, lässt sich sicherlich zeitnah auf Twitter | |
verfolgen. | |
20 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/Poliauwei | |
[2] /Berliner-Aktivist-ueber-Falschparker/!5760190 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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