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# taz.de -- Die Wahrheit: Tanzen für die Mafia
> Irischer Volkstanz galt lange als harmlose Eigenart des Inselvolks. Doch
> ist er weder harmlos, noch irisch. Dahinter steht die Macht des
> Verbrechens.
Wer hätte gedacht, dass der irische Volkstanz von der Mafia beherrscht
wird? Bisher war man davon ausgegangen, dass die Tanzshows lediglich
Verbrechen am guten Geschmack seien, doch vorige Woche ist herausgekommen,
dass bei den Tanzwettbewerben betrogen und bestochen wurde. Mindestens
zwölf Tanzlehrer sollen mit Jurymitgliedern gekungelt haben, in einem Fall
wurden offenbar „sexuelle Gefälligkeiten“ verteilt, um auf eine höhere
Punktzahl zu kommen.
Der Verband für irischen Tanz, An Coimisiún Le Rincí Gaelacha (CLRG), der
1930 gegründet wurde und auf fünf Kontinenten vertreten ist, hat eine
Untersuchung eingeleitet. Einige Eltern sprachen anonym von Omertà, der
Schweigepflicht, und ein ehemaliger Startänzer verglich die irische
Tanzszene mit der amerikanischen Mafiaserie „Sopranos“.
Früher waren die Tanzwettbewerbe eine bescheidene Angelegenheit in
Gemeindehallen mit Tee und Keksen. Dann kam „Riverdance“. 1994 musste
Irland das Eurovisions-Kampfsingen austragen, weil man es im Vorjahr
gewonnen hatte. In der Pause ließ man Tänzerinnen und Tänzer herumhüpfen.
Der Spuk war nach sieben Minuten vorbei, aber er hatte so viel Eindruck
gemacht, dass man ihn auf abend- und kassenfüllende Länge ausdehnte.
Der Vortänzer Michael Flatley aus Chicago, der sich als Ire ausgab, wurde
reich, zerstritt sich mit seiner Tanzpartnerin Jean Butler und gründete
seine eigene Show. 2015 setzte er sich zur Ruhe, weil er sich im Laufe der
Karriere eine beschädigte Wirbelsäule, ein kaputtes Knie, zwei
Achillessehnenrisse sowie diverse Knochenbrüche eingehandelt hatte. 2017
zog er sich die Tanzschuhe für die Inaugurationsfeier von Donald Trump aber
noch mal an.
Seitdem hat er offenbar Langeweile und kam auf die törichte Idee, sein Geld
in einen Film zu investieren. Da niemand in der Filmbranche etwas mit dem
eit-len Projekt zu tun haben wollte, nahm der Flusstänzer die Sache selbst
in die Hand: Er schrieb das Drehbuch, führte Regie, produzierte den Film
und übernahm die Hauptrolle des Victor Blackley, eines Geheimagenten mit
Codenamen Blackbird, der die Welt als James-Bond-Verschnitt tänzelnd
rettet.
Der Film wurde bereits im Jahr 2018 kurz in London gezeigt, wobei die
Medien wohlweislich keinen Zutritt hatten. Augenzeugen berichteten, dass
die Zuschauer traumatisiert aus dem Kino geflohen seien. Im Frühjahr 2022
tauchte dann ein Trailer im Internet auf, der verstörend war, weil er
bestätigte, dass der Film tatsächlich existiert.
Flatley mache in dem grässlichen Film ein Gesicht wie ein
Mittelmeer-Tourist, der sich von anderen Schwimmern abgesondert habe, um
heimlich ins Meer zu pinkeln, schrieb Peter Brad-shaw im Guardian. Seit
vorvergangenem Sonntag läuft „Blackbird“ – auf Druck der Mafia? – in d…
Kinos. Der scheinbar harmlose irische Volkstanz ist offenbar fest in den
Händen der Sopranos und Michael Flatleys.
10 Oct 2022
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
Volkstanz
Mafia
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