# taz.de -- Zukunft des Plüschowhafens in Kiel: Pächter gesucht, Streit gefun… | |
> Wo einst die britische Armee residierte, sollen maritime Kultur und | |
> Bildungsprojekte einziehen. Nun gibt es Streit über die eingereichten | |
> Konzepte. | |
Bild: Früher war dieser Ort für die Öffentlichkeit unzugänglich: Segelboote… | |
BREMEN taz | Manchmal sind die Konflikte ja nur auf den ersten Blick | |
eindeutig. So wie gerade in Kiel, wo am Nordufer des Plüschowhafens | |
eineinhalb Hektar in bester Lage am Wasser neu zu vergeben sind. | |
Früher residierten dort am Prieser Strand die britischen Streitkräfte und | |
ihr Yacht-Klub – ein Relikt der Nachkriegszeit. Die Öffentlichkeit war hier | |
jahrzehntelang ausgeschlossen. Das soll jetzt anders werden: Die Stadt Kiel | |
hatte das Gelände Ende 2020 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben | |
gekauft und sucht nun, [1][unter allerlei Auflagen], einen Pächter, der | |
einen „Bildungs- und Handwerksstandort“ etabliert, [2][wie es in dem | |
Konzept heißt]. Es soll um Schiffbau gehen, Segelsport, das maritime Erbe | |
und Nachhaltigkeit – so die Vorgabe. | |
Die Vergabekommission der Stadt will das zum Teil denkmalgeschützte Areal, | |
das die Fantasie vieler Institutionen und Investor:innen schon länger | |
beflügelt, nun [3][einer Firma geben, die in der Nähe einen Yacht-Service] | |
betreibt, der Boote ausrüstet, repariert und für den Winter einlagert. Das | |
überrascht viele Beobachter:innen, denn hier wollte seit Jahren der | |
ehrenamtliche, 1.800 Mitglieder starke Verein „[4][Freundeskreis | |
Klassischer Yachten]“ (FKY) ein museales „Zentrum Klassischer Yachtsport“ | |
errichten. | |
Das [5][40-seitige Konzept] umfasst unter anderem ein „Zeithaus“ mit einer | |
eigenen Sammlung und wechselnden Ausstellungen rund um den Segelsport, eine | |
Werft für traditionellen Bootsbau mit allerlei Projekten der Jugendarbeit | |
und Erwachsenenbildung, einen Hafen für „historische wertvolle Yachten“ | |
sowie gehobene Gastronomie; drumherum sollte eine öffentliche | |
Parklandschaft entstehen. | |
## Es fehlt der „museale Bezug“ | |
Nun [6][ist der FKY „bestürzt“,] weil er nicht zum Zuge kommen soll. Und er | |
wehrt sich mit einer Verfahrensrüge gegen die Vorentscheidung. In den | |
anderen Bewerbungen – insgesamt sind es fünf – „fehlt jeder museale Bezu… | |
kritisiert der FKY in einer Erklärung: „Stattdessen soll im wesentlichen | |
ein gewerbliches Konzept verwirklicht werden.“ Die Stadt weiche damit von | |
ihren eigenen Vorgaben ab, so die Kritik. „Inhaltlich hätte die Sache auf | |
uns zulaufen müssen“, sagt Wilfried Horns vom FKY, der sich „ärgert“, a… | |
„formalen Gründen“ aus dem Verfahren ausgeschieden zu sein. Siegt hier also | |
der Kommerz gegen die Kultur? | |
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Stephanie Rieckhof-Sothmann vom | |
Yacht-Service Kiel heftig. Sie hat das siegreiche Konzept, das den | |
entscheidenden Gremien der Stadt nun empfohlen wurde, mitentwickelt. Sie | |
spricht von „einer Herzenssache“ und davon, dass sie einen „offenen Ort f… | |
die Nachbarschaft“ entwickeln will. Sie hat Georg Fritzsch, der 16 Jahre | |
lang Generalmusikdirektor am Theater Kiel war, als Kurator für ihr | |
Kulturprogramm gewonnen. Sie will „mit einer ganzen Reihe von Partnern“ ein | |
„sehr buntes Programm“ und „sehr viele Bildungsangebote“ etablieren, da… | |
eine „Gläserne Werft“. Außerdem solle das Gelände, dass die britischen | |
Streitkräfte bis 2016 betrieben, für diverse Veranstaltungen vermietet | |
werden, ohne dass es dabei um immer maximalen Ertrag gehe. | |
Die Vergabekommission lobt die „[7][vielfältigen teilhabeorientierten | |
Nutzungen“ und die „niederschwelligen Angebote zum individuellen | |
Kompetenzerwerb“.] Das Konzept zeuge „von großer Offenheit“, heißt es in | |
dem Ergebnisprotokoll. | |
Der FKY hinterließ indes den Eindruck, dass die zukünftige Identifikation | |
mit dem neuen Ort „[8][überwiegend über die Nutzung klassischer | |
Holzyachten“] erfolgen werde. | |
Der Knackpunkt ist aber wohl ein anderer: das Geld. Rieckhof-Sothmann will | |
mit ihrem 1999 gegründeten Familienbetrieb auf dem Gelände einziehen, er | |
soll damit das Geld verdienen, dass im Zweifelsfall auch das geplante | |
Kultur- und Veranstaltungsprogramm trägt. Der FKY wünscht sich hingegen | |
eine Minderheitsbeteiligung der Stadt an der neuen Betreibergesellschaft. | |
Das findet man bei der Stadt zwar „nachvollziehbar“, zugleich hat man aber | |
Angst, das maritime Museum am Ende mitbezahlen zu müssen. Angesichts der | |
Haushaltslage seien kommunale Gelder für das Projekt „aber derzeit nicht | |
realistisch“. Und was sagt der FKY dazu? Es gebe in seinem Konzept | |
„keinerlei Anhaltspunkte“ dafür, dass man die Finanzierungsbedarfe an die | |
Stadt Kiel übertragen wolle. | |
Die Konzeptpapiere der Bewerber:innen sind nicht öffentlich. Nun | |
diskutieren diverse Gremien, Ende November soll die Entscheidung des | |
Stadtrates fallen. Dann hat der Yacht-Service Kiel – sollte er gewinnen – | |
sechs Monate Zeit, seine Idee weiter zu konkretisieren. Er soll dabei laut | |
Vergabekommission mit Mitbewerber:innen kooperieren, die ein | |
Tauchzentrum aufbauen wollen. | |
Eine Zusammenarbeit zwischen dem Privatinvestor und dem FKY wird von beiden | |
Seiten aber zumindest nicht ausgeschlossen. | |
5 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/kiel_plant_baut/britischer_yacht_club/i… | |
[2] https://www.fky.org/doku/Struktur-%20und%20Nutzungskonzept.pdf | |
[3] https://www.yacht-service-kiel.de/ | |
[4] http://www.fky.org | |
[5] https://www.fky.org/news/images/komponenten.pdf | |
[6] https://www.fky.org/news/open-harbour-unsere-bewerbung-2022 | |
[7] https://www.fky.org/doku/BYC-Konzept.pdf | |
[8] https://www.kiel.de/de/kiel_zukunft/kiel_plant_baut/_dokumente_byc/konzepte… | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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