# taz.de -- Filmempfehlungen für Berlin: Das Kino und die Welt | |
> Das Babylon würdigt den verstorbenen Meisterregisseur Jean-Luc Godard. In | |
> Vincent Maël Cardonas „Die Magnetischen“ kommen zwei Franzosen nach | |
> Berlin. | |
Bild: „Alphaville“ (F 1965), Regie: Jean-Luc Godard | |
Am 13. September ist mit Jean-Luc Godard einer der bedeutendsten Regisseure | |
der Filmgeschichte verstorben – wie man auch den zahlreichen Nachrufen | |
weltweit entnehmen konnte. Ohne das an dieser Stelle noch einmal alles im | |
Detail wiederkäuen zu wollen: Godard dachte mit Film über das Kino und die | |
Welt nach, er tat dies mit intellektueller Schärfe und einem gewissen Humor | |
und wusste sich auch selbst stets gut in Szene zu setzen. | |
Das machte ihn zu einem Vorbild für andere Filmemacher:innen; ohne ihn wäre | |
etwa das amerikanische New Hollywood-Kino der 70er-Jahre kaum denkbar | |
gewesen. Das Babylon Mitte widmet Godard jetzt eine Hommage. | |
Und auch wenn die Filmreihe etwas vorhersehbar nur einige Filme aus den | |
60er-Jahren zeigt (ehe Godards Schaffen so richtig kompliziert und | |
unkommerziell wurde), lohnt sich das Wiedersehen mit Filmen wie „A bout de | |
souffle“ (Straßencafés, Straßenkreuzer und Straßenverkauf der New York | |
Herald Tribune in einem turbulenten Paris, dazu Jean-Paul Belmondo als | |
Kleingauner und Zufallsmörder Michel), „Alphaville“ (Science Fiction um von | |
eine von einem Supercomputer errichtete Diktatur der Logik in einem | |
verfremdeten Paris) und „Pierrot le fou“ (eine romantisch-essayistische | |
Abenteuergeschichte mit Belmondo und Anna Karina, diversen Leichen, viel | |
Kunstgeschichte sowie einer Menge Rot und Blau in CinemaScope) immer | |
(Godard-Filme bis 28.9., [1][Babylon Mitte]). | |
Frankreich, Frühjahr 1981: Der Sozialist François Mitterand hat die | |
Präsidentschaftswahlen gewonnen, und ein bisschen von der Aufbruchsstimmung | |
kommt selbst in der Provinz an, wo die Brüder Jerôme und Philippe einen | |
Piratensender betreiben. Ihnen vermittelt sich der Aufbruch allerdings viel | |
eher über die britische Musik der Postpunk-Ära: Joy Division, Gang of Four, | |
Au Pairs, das war damals aufregend und neu. | |
Der extrovertierte Jerôme sitzt am Mikrophon, der zurückhaltende Philippe | |
bastelt an der Technik – es ist noch die Zeit der Cassetten und | |
Magnetbänder. Und bei alledem stellt sich stets auch die Frage, ob man wohl | |
dem Alltagstrott entkommen kann, der für die Brüder darin besteht, in der | |
Autowerkstatt des Vaters mitzuhelfen. Für Philippe ergibt sich schließlich | |
die Möglichkeit eines Ortswechsels, als er den ungeliebten Militärdienst in | |
West-Berlin ableisten muss; Jerôme versumpft daheim derweil im Alkohol. | |
Der melancholische Debütspielfilm „Die Magnetischen“ des französischen | |
Regisseurs Vincent Maël Cardona rekreiert sehr ansprechend die Atmosphäre | |
der Zeit – diese sehr spezielle Mischung aus Langeweile, der provinziellen | |
Trostlosigkeit des Mittelmäßigen und dem jugendlichen Wunsch etwas auf die | |
Beine zu stellen, ohne recht zu wissen, was und wohin das führt (23. 9., | |
27. 9., 20.15 Uhr, 25. 9., 21.15 Uhr [2][Acud]; 28. 9., 13.10 Uhr, | |
[3][B-ware! Ladenkino]). | |
Im Lichtblick-Kino sind am 27. September die Regisseure Gerd Conradt und | |
Matthias Coers zu Gast. Sie stellen dort Filme zu den Themen | |
Stadtentwicklung und bezahlbaren Wohnraum vor („Der Videopionier“ von | |
Conradt und drei Kurzfilme von Coers) und stehen für eine Diskussion zur | |
Verfügung (27. 9., 20 Uhr, Lichtblick-Kino). | |
22 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://babylonberlin.eu/ | |
[2] https://acudkino.de/ | |
[3] https://ladenkino.de/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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