# taz.de -- Tory-Parteitag in Birmingham: Neue britische Übersichtlichkeit | |
> Großbritanniens Labour-Partei wirbt mit „Fairness“, die Tories wollen | |
> niedrige Steuern. Die Kontroversen zeigen, wie sich die Industrienation | |
> neu sortiert. | |
Bild: Premierministerin Liz Truss mit Ehemann am Mittwoch auf dem Parteitag in … | |
Großbritannien kehrt zur klassischen Rechts-links-Konfrontation zurück. Liz | |
Truss hat mit einer sehr polarisierenden Rede zum [1][Abschluss des | |
Jahresparteitags ihrer regierenden Konservativen in Birmingham] den | |
kommenden britischen Wahlkampf markiert: Auf der einen Seite die | |
Konservativen, die für „Wachstum, Wachstum, Wachstum“ stehen, Steuern | |
senken, Unternehmen fördern und den Menschen größtmögliche „Freiheit“ | |
bieten wollen, auf der anderen Seite die „Antiwachstumskoalition“ aus allen | |
anderen politischen Kräften und Interessengruppen, die immer nur alles | |
blockieren und regulieren wollen. | |
Eine Woche zuvor [2][zeichnete Labour-Oppositionschef Keir Starmer bei dem | |
Parteitag seiner Partei] ebenso deutliche politische Trennlinien: ein | |
„faireres, grüneres Großbritannien“ unter seiner Führung gegen die Torie… | |
„die nicht glauben, dass die Regierung arbeitenden Menschen helfen kann“. | |
Noch vor einem Jahr waren die Reden Keir Starmers und des damaligen | |
konservativen Premierministers Boris Johnson kaum voneinander | |
unterscheidbar gewesen. Aber die von dem rechten Tory-Flügel gestartete | |
Revolte gegen Boris Johnson hat es seitdem geschafft, mit Liz Truss eine | |
der ihren an die Macht zu hieven. Die Sozialdemokratisierung der Tories, | |
mit der Boris Johnson 2019 viele Labour-Wähler für sich gewonnen hatte, ist | |
damit vorerst beendet. | |
Was das für Großbritanniens nächste Wahlen bedeutet – sie könnten, wie auf | |
dem Parteitag durchklang, im Frühsommer 2024 stattfinden –, ist völlig | |
offen; aus den jetzigen desaströsen Umfragewerten der Tories und Labours | |
Riesenvorsprung sollte niemand dauerhafte Schlüsse für die Zukunft ziehen. | |
Deutlich erkennbar aber ist, was das für den nächsten Wahlkampf bedeutet: | |
Er wird ein politisch polarisierter inhaltlicher Wettstreit zwischen zwei | |
klassischen großen Volksparteien um die Frage, welche Rolle der Staat | |
einzunehmen und wie er sie auszufüllen hat. Das ist in den großen | |
Industrienationen heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. In den USA | |
leben viele Republikaner und Demokraten in voneinander abgeschotteten | |
Parallelwelten, unversöhnlich im Kulturkrieg verfeindet. | |
In Frankreich hat [3][Macrons elitärer Zentrismus] die populistischen | |
Fliehkräfte rechts und links gestärkt. In Deutschland ist keine Kraft | |
allein auch nur ansatzweise mehrheitsfähig, die programmatischen | |
Unterschiede zwischen den großen Parteien verwischen zunehmend. Vielleicht | |
werden jetzt in London die spannenden Kontroversen darüber ausgetragen, wie | |
sich eine große Industrienation in einer ungemütlichen Welt neu sortiert. | |
5 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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