# taz.de -- Antisemitischer Angriff auf Rabbiner: Auf der Straße keine Sicherh… | |
> Ein Potsdamer Rabbiner wird in Berlin mit seinem Sohn angerempelt und | |
> antisemitisch beleidigt. Vorfälle wie diese sind keine Seltenheit. | |
Bild: Ariel Kirzon wurde zum Ziel eines antisemitischen Angriffs | |
BERLIN taz | Der Potsdamer Rabbiner Ariel Kirzon ist am Dienstagvormittag | |
in Berlin-Mariendorf antisemitisch beleidigt und angegriffen worden. Laut | |
Medienberichten war der 43-jährige gerade mit seinem 13-jährigen Sohn auf | |
dem Weg zur U-Bahn-Station Westphalweg im Stadtteil Tempelhof, als ihn ein | |
Unbekannter von hinten angriff. Erst wurde er demnach angerempelt, dann als | |
„dreckiger Jude“ beschimpft. Kirzon hatte laut Polizeibericht gerade auf | |
hebräisch telefoniert und sei anhand seiner Kleidung eindeutig als | |
gläubiger Jude erkennbar gewesen. | |
Kirzon erstatte Anzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung. Die Polizei | |
wertet derzeit die Videoaufnahmen des U-Bahnhofs aus, in deren Richtung | |
sich der Täter entfernte. Die Ermittlungen übernahm der für politisch | |
motivierte Straftaten zuständige polizeiliche Staatsschutz. | |
„Wir sind entsetzt und machen uns Sorgen um unsere Sicherheit“, berichtet | |
Evgenij Kutikov, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Potsdams, in der | |
Kirzon Rabbiner ist. Bisher habe es in Potsdam kaum antisemitische | |
Übergriffe auf Gemeindemitglieder gegeben, berichtet Kutikov, doch [1][in | |
Berlin sei die Gefahr größer]. | |
„Die Mehrheit vermeidet es, sich in Berlin offen jüdisch erkennbar zu | |
kleiden“, gibt Kutikov die Stimmung in der Gemeinde wieder. Doch ein | |
Rabbiner habe diese Option nicht, er müsse immer seinen Glauben offen nach | |
außen tragen. | |
## Traurige Normalität | |
„Antisemitische Vorfälle dieser Art sind leider nichts Außergewöhnliches�… | |
ordnet Julia Kopp, Pressesprecherin der Recherche- und Informationsstelle | |
Antisemitismus Berlin (RIAS), den Angriff ein. RIAS Berlin dokumentiert | |
seit 2015 antisemitische Übergriffe. Allein für das vergangene Jahr | |
registrierte der Verein 23 solcher Angriffe, das Dunkelfeld sei aber viel | |
größer, vermutet Kopp. | |
Eine tendenzielle Zunahme [2][antisemitischer Angriffe] gäbe es aber nicht. | |
„Die Zahl der Vorfälle ist kontinuierlich hoch“, sagt Kopp. Vorfälle wie | |
diese hätten gravierende Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der ganzen | |
Gemeinde. | |
Kutikow berichtet, dass nach dem [3][rechtsterroristischen Anschlag] auf | |
die Synagoge in Halle die Sicherheitsmaßnahmen im Gemeindehaus in Potsdam | |
massiv verschärft worden waren. So gebe es zum Beispiel Betonblöcke, | |
Videokameras und Alarmsysteme. „Aber da draußen sind wir auf uns allein | |
gestellt. An dieser Stelle muss der Staat dafür sorgen, dass wir Juden in | |
Deutschland sicher sind“, sagt er. | |
Anfang der neunziger Jahre erlebte das jüdische Leben in Potsdam eine | |
Wiederbelebung. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nahm Deutschland ein | |
Kontingent jüdischer Geflüchteter auf, von denen etliche nach Potsdam | |
kamen. Nach Angaben der Website umfasst die jüdische Gemeinde in Potsdam | |
mittlerweile rund 1.200 Mitglieder. Erst vor wenigen Wochen feierte die | |
Gemeinde das Richtfest des Synagogen-Neubaus in Potsdam. Die alte Synagoge | |
wurde in der Reichs-Pogromnacht 1938 schwer beschädigt und gegen Ende des | |
Zweiten Weltkrieges endgültig zerstört. Nach jahrelangen Diskussionen | |
begann der Neubau der Synagoge mit finanzieller Unterstützung des Landes | |
Brandenburg. | |
14 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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