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# taz.de -- Türkei-Griechenland-Konflikt: Streit um Militär auf den Inseln
> Die Türkei wirft Griechenland vor, gegen die Entmilitarisierung von
> Inseln nahe der Küste zu verstoßen. Die USA unterstützen Athen.
Bild: Übung am griechischen Luftwaffenstützpunkt Tanagra
Istanbul taz | „Mit allen Mitteln“ werde man die Interessen der Türkei
gegenüber Griechenland verteidigen, tönte der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdoğan wiederholt in diesen Tagen. Ob sie nun Militär auf den
Inseln entlang unserer Küste stationierten oder nicht, „spielt überhaupt
keine Rolle“, sagte er bei einer Veranstaltung am Dienstagabend, „gegen die
türkischen Truppen haben sie sowieso keine Chance“.
Dabei ist gerade die Stationierung griechischen Militärs auf Lesbos, Samos
oder den weiter südlich liegenden Dodekanes-Inseln der jüngste Anlass im
[1][Dauerkonflikt der beiden Länder]. Mithilfe von Drohnen hat das
türkische Militär Bilder geschossen, die zeigen sollen, wie in der letzten
Woche gepanzerte Fahrzeuge per Schiff nach Lesbos und Samos gebracht
wurden. Die Fahrzeuge stammen aus US-Produktion und gehören zu immer
umfangreicheren Waffenlieferungen der USA an Griechenland.
Laut internationalen Verträgen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, als
zunächst das Osmanische Reich und später Italien etliche Inseln an
Griechenland zurückgaben, darf auf den Inseln nahe der türkischen Küste
kein Militär stationiert werden. Griechenland bestreitet nicht, dass es
gegen diese Verträge verstößt, sondern macht stattdessen sein
Selbstverteidigungsrecht geltend, da die Türkei angeblich gegenüber den
Inseln Landungsboote für einen Angriff stationiert habe.
Der Streit um die Demilitarisierung der Inseln ist nicht neu, hat aber in
den letzten Monaten an Schärfe zugenommen. Zum einen, weil die
konservativ-nationalistische Regierung von Kyriakos Mitsotakis immer mehr
Militär und Waffen auf den Inseln stationiert, zum anderen, weil Erdoğan
glaubt, im Streit um Hoheits- und Schürfrecht in der Ägäis die griechische
Regierung mit der Vertragsverletzung auf den Inseln ins Unrecht setzen zu
können.
## Erdoğan droht, Mitsotakis bleibt cool
In der Türkei, wie auch in Griechenland [2][wird im kommenden Frühjahr
gewählt] und Erdoğan sowie Mitsotakis stehen stark unter Druck. Sie haben
deshalb ein Interesse daran, nationalistische Emotionen für sich zu
mobilisieren.
Am Montag bestellte das türkische Außenministerium den griechischen
Botschafter ein, um eine förmliche Protestnote zu übergeben und legte auch
eine Beschwerde bei der US-Botschaft ein, weil die USA nicht
kontrollierten, was die Griechen mit den von den USA gelieferten Waffen
anstellten.
Während Erdoğan laut droht und dabei auch schon mal ankündigt, ein Angriff
auf die Inseln könne „über Nacht“ erfolgen, blieb Mitsotakis bislang sehr
cool. Während seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen
in New York hatte er Erdoğan ein Treffen angeboten, was dieser brüsk
ablehnte. Nun sagte er, er wolle die Äußerungen Erdoğans nicht
kommentieren: „Es ist alles gesagt.“
## USA liefern Waffen und bauen Stützpunkte aus
Der Grund für Mitsotakis demonstrative Gelassenheit ist die klare
Unterstützung Griechenlands durch die USA. Während die Vormacht in der Nato
früher darauf geachtet hat, Konflikte zwischen den beiden Nato-Länder nicht
eskalieren zu lassen, haben sich die Trump-Administration und nun auch
US-Präsident Joe Biden völlig auf die Seite Griechenlands gestellt.
Unter Biden liefern die USA modernste Waffen an Griechenland und bauen ihre
Militärpräsenz in Griechenland massiv aus. In der Nordägäis, in
Alexandroupolis, bauen die [3][USA einen Militärhafen unweit der türkischen
und bulgarischen Grenze aus], über den schon jetzt ein Großteil des
militärischen Nachschubs für die Ukraine und die osteuropäischen
Nato-Staaten läuft. Und auf Kreta wird ein amerikanischer
Luftwaffenstützpunkt ausgebaut.
28 Sep 2022
## LINKS
[1] /Beschuss-eines-tuerkischen-Frachtschiffs/!5881142
[2] /Konfrontation-in-der-Aegaeis/!5877773
[3] https://www.nytimes.com/2022/08/18/world/europe/greece-port-russia-ukraine-…
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
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Samos
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Moria
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