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# taz.de -- Sammelklagen sollen möglich werden: Zusammen statt einzeln
> Der Justizminister legt einen Entwurf für „Abhilfeklagen“ vor.
> Verbraucherverbände sollen den Anspruch von Käufern durchklagen können.
Bild: Autos der VW-Marken stehen in der Nähe des VW-Werks Emden zur Verschiffu…
Freiburg taz | Künftig sollen Verbraucherverbände die Klagen von vielen
einzelnen Betroffenen bündeln und mit einer einzigen Verbandsklage
durchsetzen können. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den Justizminister
Marco Buschmann (FDP) vorige Woche in die Ressortabstimmung der
Bundesregierung gegeben hat. Der Gesetzentwurf liegt der taz vor.
Bisher können Verbraucherverbände zwar auf Unterlassung bestimmter
Praktiken durch Unternehmen klagen, etwa gegen fiese Klauseln im
Kleingedruckten. Und Verbraucherverbände dürfen seit 2018 auch
Musterfeststellungsklagen (MFK) erheben – dies wurde eingeführt, um etwa
[1][kollektive Klagen gegen die Abgasmanipulationen bei
VW-Dieselfahrzeugen] zu ermöglichen. Trotzdem muss der einzelne Verbraucher
bei einer MFK seinen individuellen Anspruch nach Klärung der Grundfrage
immer noch selbst vor Gericht einklagen.
Das soll sich mit Einführung der neuen sogenannten Abhilfeklage ändern.
Hier können Verbraucherverbände den Anspruch von privaten Käufern und
Dienstleistungsnehmenden direkt durchklagen. Das kann etwa ein Anspruch auf
Zahlung von Schadenersatz sein, auf Reparatur der gekauften Sache oder auf
Neulieferung. Voraussetzung ist, dass der Anspruch der Kläger „gleichartig“
ist und vom Gericht „schablonenartig“ geprüft werden kann, ohne auf den
Einzelfall eingehen zu müssen. Buschmann nennt als Beispiel, dass eine
Airline einen Flug annulliert und anschließend ein Verband im Namen der
Passagiere dieses Flugs die Entschädigung einklagt.
Nur Verbände können die Abhilfeklage einreichen, insbesondere die
Verbraucherzentralen. Diese können wiederum Anwälte mit der Prozessführung
beauftragen. Aber Anwälte können nicht selbstständig Ansprüche von
Verbrauchern sammeln. Das soll eine Klage-Industrie wie in den USA
verhindern.
## Gleich an die Oberlandesgerichte
Für die neuen Verbandsklagen sollen immer die Oberlandesgerichte zuständig
sein, so der Gesetzentwurf. Das soll die Bedeutung der Verfahren
unterstreichen, auch wenn es im jeweiligen Einzelfall um niedrige Summen
geht, für die sonst nur das Amtsgericht zuständig wäre.
Zulässig ist eine derartige Verbandsklage, wenn von einem Problem
mindestens 50 Verbraucher betroffen sind. Nach oben gibt es keine Grenzen,
es können durchaus Millionen Menschen sein. Wer von einer Abhilfeklage
profitieren will, muss sich spätestens am Tag vor der ersten Verhandlung
beim Bundesamt für Justiz online in das entsprechende Klageregister
eingetragen haben.
Die Klage soll für die Verbraucher kostenlos sein, auch wenn der Verband
vor Gericht verliert. Wer sich ins Klageregister einträgt, ginge also kein
finanzielles Risiko ein.
Ausgedacht hat sich Minister Buschmann das alles nicht selbst. Wie meist
kommt fortschrittliches Verbraucherschutzrecht von der EU. Buschmann setzt
hier [2][die EU-Richtlinie über Verbandsklagen von 2020] um.
Umsetzungsfrist ist der 25. Dezember 2022; die Bundesregierung ist also
schon reichlich spät dran.
26 Sep 2022
## LINKS
[1] /Musterverfahren-gegen-Autobauer/!5784413
[2] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32020L1828
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Verbraucherschutz
Justizministerium
Verbandsklage
Energiekrise
Vorratsdatenspeicherung
SOKO Tierschutz
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