| # taz.de -- Schutz der Presse: Große Worte, wenige Taten | |
| > Die Regierung in Honduras hat sich klar zu Menschenrechten bekannt. | |
| > Journalist:innen kommen in dem versprochenen Programm aber zu kurz. | |
| Bild: Ihre Versprechen hat die erste Präsidentin von Honduras, Xiomara Castro,… | |
| Tegucigalpa taz | Dina Meza ist alles andere als bekannt dafür, vorschnell | |
| zu urteilen. Doch rund acht Monate nach dem Antritt der neuen Regierung | |
| unter [1][Xiomara Castro], der ersten honduranischen Präsidentin, macht | |
| sich bei ihr Ernüchterung breit. „Wir haben gehofft, dass die Regierung wie | |
| angekündigt den Schutz der Menschenrechte verbessern wird, aber wir warten | |
| nach wie vor auf eine Stärkung der Schutzmechanismen“, so [2][die | |
| Journalistin mit den Arbeitsschwerpunkten Pressefreiheit und | |
| Menschenrechte]. | |
| Meza ist eine der treibenden Kräfte dafür gewesen, dass 2015 der | |
| Schutzmechanismus für Journalist:innen, aber auch für Umwelt-, | |
| Menschenrechts- oder LGBTIQ-Aktivist:innen eingeführt wurde. Der sieht | |
| Maßnahmen für deren Sicherheit vor, darunter die Bereitstellung von | |
| Ausweichwohnungen, gepanzerten Fahrzeugen, Bodyguards und die Installation | |
| von Sicherheitsanlagen in Wohnungen. Doch das Programm, das in den letzten | |
| Jahren chronisch unter fehlenden Mitteln litt und für das | |
| Regierungsinformationen zufolge 20 Millionen Lempiras, umgerechnet rund | |
| 800.000 Euro, zur Verfügung stehen, scheint nicht zu greifen. Ein Beispiel | |
| dafür ist eine junge Journalistin, die von Dina Meza und dem von ihr | |
| gegründeten PEN-Zentrum für Informationsfreiheit unterstützt wird, weil sie | |
| über einen Menschenhandelsring recherchiert hatte und daraufhin bedroht, | |
| verfolgt und auch beschossen wurde. | |
| Trotzdem ist die Reporterin, so Meza, nicht in das vom Ministerium für | |
| Menschenrechte koordinierte Schutzprogramm aufgenommen worden. Der Grund | |
| dafür liegt für Meza auf der Hand: die Entlassung von 14 von 18 | |
| Mitarbeitern des Ministeriums am 12. August durch Ministerin Natalie Roque. | |
| „Warum entlässt sie gut ausgebildetes Personal aus politischen Motiven?“, | |
| fragt Meza. Die Ministerin hatte dem Personal, das auf Wiedereinstellung | |
| klagt, vorgeworfen, der Nationalen Partei anzugehören, die bis Januar 2022 | |
| die Regierung stellte, wobei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Die | |
| Unregelmäßigkeiten, die die Ministerin dem entlassenen Personal vorwirft, | |
| sind nicht weiter spezifiziert, mit Ausnahme von der Doppelbesetzung von | |
| Funktionen innerhalb des Schutzmechanismus. Das geht aus einer | |
| Stellungnahme des Ministeriums hervor. | |
| Das kritisiert Meza, die gewählte Vertreterin des „Rats zum Schutz der | |
| Zivilgesellschaft“ ist und in dieser Funktion gemeinsam Donny Reyes das | |
| Ministerium beraten und gezielt Fälle für den Schutzmechanismus vorschlagen | |
| soll. Doch das funktioniert in der Praxis nicht, und das haben Meza, Reyes | |
| und andere Mitglieder des Rats bei einer Pressekonferenz vor dem | |
| Ministerium bereits im Juli publik gemacht. Sie werfen Ministerin Natalie | |
| Roque vor, nicht nur Mittel für den Schutzmechanismus nicht freizugeben, | |
| sondern auch Mitarbeiter:innen ihres Ministeriums zu schikanieren, | |
| über Kameras zu überwachen und sie verbal anzugreifen und zu | |
| diskriminieren. Zudem sei die Militärpolizei, die für zahlreiche | |
| Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, darunter etliche | |
| gegen LGBTIQ-Aktivist:innen, im Ministerium immer wieder präsent. Kritik, | |
| die Ministerin Roque bereits im Juli kategorisch zurückwies. | |
| ## Studie zum Schutz von Medienschaffenden | |
| Mitte August folgte dann die Entlassungswelle, die dafür sorgt, dass der | |
| Schutzmechanismus nicht oder nur partiell funktioniert. 25 Morde allein in | |
| diesem Jahr an LGBTIQ-Aktivist:innen haben Organisationen wie Arcoiris | |
| bisher dokumentiert. Zwei Morde an Berichterstattern werden derzeit von | |
| Reporter ohne Grenzen überprüft, ob sie die Kriterien von | |
| Journalistenmorden erfüllen. Die Medienorganisation hat in einer | |
| Pressemeldung zudem auf die Vorgänge im Ministerium kritisch hingewiesen. | |
| Außerdem legte die Medienorganisation erst im Februar eine vergleichende | |
| Studie zu den staatlichen Mechanismen zum Schutz von Medienschaffenden in | |
| Honduras, Kolumbien, Brasilien und Mexiko vor. Darin wurde Honduras, das | |
| auf Rang 165 von 180 Ländern geführt wird und ohnehin als extrem gefährlich | |
| für Journalisten gilt, bescheinigt, zu langsam zu entscheiden, wenn es um | |
| den konkreten Schutz geht. | |
| Zudem wurde auf den Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen | |
| hingewiesen. Geld hat die neue Leiterin des Schutzprogramms, Carmen | |
| Escobar, zwar mittlerweile zur Verfügung, aber das Personal, welches ihr | |
| zuarbeitet, muss erst neu ausgebildet werden. Dafür scheint es eine | |
| zentrale Verantwortliche zu geben: die zuständige Ministerin. | |
| 19 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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