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# taz.de -- Umgang mit MPX-Ausbruch: Verständliche Wut
> Bei der Bekämpfung der sogenannten Affenpocken“ läuft einiges schief –
> und gegen die Stigmatisierung Betroffener wird zu wenig getan.
Bild: Die kleinen grünen sind's: MPX-Viren unter dem Elektronenmikroskop
Wie es sich anfühlt, im Zentrum einer globalen Gesundheitsdebatte zu
stehen, konnten Teile der queeren Community Berlins in den vergangenen
Wochen am eigenen Leib erfahren. Denn Berlin bleibt mit knapp 1500 Fällen
einer der absoluten Hotspots des globalen MPX-Ausbruches. Dass inzwischen
„nur“ noch fünf Prozent aller Fälle zwischen Mahlsdorf und Staaken gemeld…
werden, liegt daran, dass die Zahlen weltweit schnell steigen und
inzwischen mehr als 30.000 Menschen erkrankt sind.
Umso frustrierender ist das zögerliche Handeln der Landes- und
Bundesbehörden, die dem Ausbruch nicht schnell genug entgegenwirken
konnten. Der Impfstoff Imvanex war bis Ende Juli in der EU nur als
allgemeiner Pockenimpstoff, nicht jedoch gegen die sogenannten Affenpocken
zugelassen. Deshalb musste er anfangs „off-label“ verimpft werden, was
einen Rattenschwanz an bürokratischen Hürden nach sich zog. Nachdem sich
die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und die Senatsgesundheitsverwaltung
endlich einigen konnten, wie die Impfungen abzurechnen seien, war die
Vergütung den Ärzt:innen in den Praxen immer noch unklar.
[1][Doch das eigentliche Problem bleibt der Impfstoffmangel.] Die etwas
mehr als zehntausend Impfstoffdosen, die in Berlin verfügbar waren, sind
wohl verimpft, Termine unmöglich zu bekommen. Darunter leidet vor allem die
bisher am stärksten betroffene Gruppe, schwule und bisexuelle Männer mit
häufig wechselnden Partnern. In der Community sind Wut und Verzweiflung
groß, manche versuchen ihr Glück in anderen Bundesländern oder im Ausland,
um sich impfen zu lassen.
Das Berlin trotz seiner herausgehobenen Stellung im Krankheitsgeschehen nur
ein Viertel der ersten und voraussichtlich ein drittel der zweiten
Impfstofflieferung bekommen soll, stößt bei Aktivist:innen und
Ärzt:innen auf Unverständnis. Derweil ist weiterhin unklar, wann die
zweite Lieferung vom Bund kommen soll, die bis Ende September vorgesehen
war. Und was danach passiert, ist völlig offen: Weiterer Impfstoff ist
offenbar noch gar nicht bestellt.
## Das Stigma muss weg
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist auch die Stigmatisierung der
Betroffenen. Allein das Wort „Affenpocken“ erschwert das Reden über die
Krankheit. Auch die in der Wissenschaft verbreitete Abkürzung „MPX“ steht
nur für das englische „monkey pox“ und ist deswegen – wenn überhaupt �…
eine leichte sprachliche Verbesserung. Dabei ist effektive Prävention
darauf angewiesen, die Krankheit von ihrem Stigma zu lösen, wie Erfahrungen
aus der HIV-Prävention seit den 1980er Jahren lehren.
Die auf der Website der Senatsgesundheitsverwaltung vergrabene
MPX-Kampagne, die in leuchtenden Lettern „Share Joy not Pox!“ verkündet,
kann dazu kaum einen Beitrag leisten. Erst wenn die Verantwortlichen die
Sorgen und die Scham der Betroffenen Ernst nehmen, die neben starken
Schmerzen auch unter bleibenden Narben leiden können, kann der Ausbruch
konsequent eingedämmt werden.
13 Aug 2022
## LINKS
[1] /Affenpocken-Impfstoff-fehlt-in-Berlin/!5870284
## AUTOREN
Friedemann Melcher
## TAGS
Mpox
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