# taz.de -- Russlands Sport in Zeiten des Banns: Rückkehr zur Spartakiade | |
> Hochspringer Danil Lyssenko war vier Jahre gesperrt. Jetzt startet er | |
> wieder in Russland. Auf die internationale Bühne darf er nicht. | |
Bild: Talentierter Hochspringer und überführter Lügner: Danil Lyssenko | |
Bei all der Freude über die European Championships, die gerade aus München | |
durch die Republik schwappt, könnte man glatt vergessen, dass auch dieses | |
sportliche Großereignis in einer politischen Ausnahmesituation stattfindet. | |
Athleten aus Russland und Belarus sind wegen des von ihren Heimatländern | |
ausgehenden Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgeschlossen von den | |
Wettbewerben. Es ist ein Bann, an den sich die Sportfans hierzulande längst | |
gewöhnt haben. Auch wenn sie nicht dabei sind, kaum jemandem fehlen die | |
Sportler aus Russland und Belarus. | |
Bei den Leichtathletikwettbewerben schon gar nicht. Da durfte die russische | |
Fahne schon lange nicht mehr gezeigt werden. Weil die Russen sich immer | |
wieder aufs Neue der Aufklärung [1][des staatlich orchestrierten | |
Dopingkomplexes] verweigert haben, durften nur ein paar handverlesene | |
russische Sportler unter neutralen Flagge bei internationalen Wettbewerben | |
antreten. Das ist ihnen nun auch nicht mehr gestattet. | |
Einer derjenigen, der zum [2][miesen Ruf der russischen Leichtathleten] | |
maßgeblich beigetragen hat, ist der Hochspringer Danil Lyssenko, der 2017 | |
bei der WM in London als sogenannter Neutraler Silber gewonnen hat. 2019 | |
wurde er für vier Jahre gesperrt, nicht allein, weil er bei etlichen | |
Dopingtests nicht anzutreffen war, sondern auch, weil er besonders dreist | |
gelogen hat, um seine versäumten Dopingtests zu begründen. | |
Er behauptete, krank gewesen zu sein, dann fiel ihm noch ein, dass er einen | |
Autounfall hatte. Seine Unschuld beweisen sollten Unterlagen aus dem | |
Krankenhaus, in dem er angeblich behandelt worden ist. Das jedoch war | |
längst abgerissen, als der vermeintliche Autounfall stattgefunden hat. | |
Damit das nicht auffällt, wurde eine Homepage der nicht mehr existenten | |
Klinik gebaut. All das half nichts. Der Doping-Deepfake flog auf. Lyssenko | |
gestand, nannte seine Komplizen, allesamt hohe Funktionsträger im | |
russischen Leichtathletikverband, und akzeptierte seine Sperre. | |
## Erstaunliches Comeback | |
Die ist nun abgelaufen. Und Lyssenko, der zu seinen besten Zeiten 2,40 | |
Meter gesprungen ist, nimmt tatsächlich wieder an Wettkämpfen teil. Damit | |
hatte auch in Russland kaum einer gerechnet. Während seiner Sperre hatte | |
Lyssenko als Essenlieferant und Lkw-Fahrer gejobbt und es deutete nicht | |
viel auf ein Comeback hin. Nun ist er bei einem regionalen | |
Leichtathletikwettkampf in Swerdlowsk 2,31 gesprungen. | |
Wie er das geschafft hat, ist vielen ein Rätsel. Auch wer in den | |
vergangenen Wochen sein Trainer war, weiß niemand so ganz genau. Lyssenkos | |
langjähriger Betreuer Jewgeni Sagorulko ist im vergangenen Jahr gestorben. | |
Erst seit Anfang August hat der heute 27-Jährige wieder offiziell einen | |
Trainer: Sergei Klugin, der Olympiasieger von Sydney 2000. | |
[3][Die Spiele 2024 in Paris] sind der Traum von Danil Lyssenko. „Ich werde | |
alles dafür tun, um dort hinzukommen“, zitiert ihn das russische Newsportal | |
sports.ru. Nun, eine Olympiateilnahme liegt wahrscheinlich nicht in seiner | |
Hand. Darüber werden Funktionäre des Internationalen Olympischen Komitees | |
und des Leichtathletikverbands World Athletics entscheiden. | |
Russischen Sportlern bleibt so lange nichts anderes übrig, als bei | |
heimischen Wettbewerben anzutreten. In der Leichtathletik läuft gerade die | |
Wettkampfserie „Königin des Sports“. Über die können sich die Besten für | |
die Allrussische Spartakiade qualifizieren, die vom 25. bis zum 28. August | |
in Tscheljabinsk stattfindet. | |
16 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Russland-von-Weltsport-ausgeschlossen/!5645097 | |
[2] /Doping-in-der-russischen-Leichtathletik/!5695175 | |
[3] /Olympia-2024-in-Paris/!5871007 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
Kolumne Russisch Brot | |
Leichtathletik | |
Doping | |
Russland | |
Russland | |
Anti-Doping-Agentur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Olympia 2024 in Paris: Moskau trainiert für Comeback | |
Russland verkündet, dass es für die Olympischen Spiele 2024 plant. Ohne sie | |
seien die Spiele „minderwertig“. Die Ukraine droht mit Boykott. | |
Doping in der russischen Leichtathletik: Jetzt hilft nur noch betteln | |
Die Hochsprungweltmeisterin Marija Lassizkene darf nicht bei | |
internationalen Wettkämpfen starten. Ihr Verband erweist sich als | |
reformunfähig. | |
Russland von Weltsport ausgeschlossen: Weltspitze im Doping | |
Der russische Sportbetrug im Jahr 2019 ist ein Erbe der Sowjetunion. Die | |
Wada tut gut daran, das zu bekämpfen. |