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# taz.de -- Nachfolge von Boris Johnson: Partei sucht Mann. Oder Frau
> Exfinanzminister Rishi Sunak oder Außenministerin Liz Truss: Die Basis
> der britischen Konservativen entscheidet, wer auf Johnson folgt.
Bild: Liz Truss (links) fordert Fraktionsfavorit Rishi Sunak (rechts) heraus
London taz | Rishi Sunak oder Liz Truss – eine/r der beiden wird
Premierminister des vereinigten Königreichs. Die beiden überstanden als
letzte ein zehntägiges Auswahlverfahren der britischen konservativen
Parlamentsfraktion in Unterhaus. Punkt 16 Uhr englischer Zeit am Mittwoch
verkündete Graham Brady, Vorsitzender des „1922 Committee“ der
konservativen Hinterbänkler:innen, das Ergebnis des letzten Wahlgangs in
einem Raum des Parlamentsgebäudes.
Der ehemalige Finanzminister, dessen Rücktritt am 1. Juli den Fall Boris
Johnsons als Premierminister einleitete, und die weiterhin dienende
Außenministerin blieben von anfangs elf Anwärter:innen übrig. In der
sechsten und letzten Abstimmung unter den aktuell 357 konservativen
Parlamentsabgeordneten und nach drei öffentlichen im Fernsehen
ausgestrahlten Wahlgefechten behielt Sunak mit 137 Stimmen den ersten
Platz, den er seit Beginn des Auswahlverfahrens gehalten hatte. Truss
konnte 113 Stimmen gewinnen und überholte damit knapp die vorherige
Zweitplazierte Penny Mordaunt.
Truss will sich als Steuersenkerin darstellen und, wie sie sagt, auf diese
Weise die Wirtschaft ankurbeln. Damit liegt sie im klaren Streit mit Sunak.
Der ehemalige Finanzminister wiederholte, dass die Priorität für ihn das
Bremsen der Inflation sei. Diese wurde heute auf einem neuen Hoch von 9,4
Prozent bestätigt. Deshalb sei es derzeit nicht die richtige Zeit, Steuern
zu senken, allerdings wolle er das so bald tun wie möglich, wiederholte er
beständig.
Insbesondere in den Fernsehauftritten fehlte es nicht an schweren Vorwürfen
gegeneinander. So nannte Truss Sunak einen Sozialisten, Sunak nannte Truss
unverantwortlicher als Labours Exchef Jeremy Corbyn. Die als Vierte am
Dienstag aus dem Rennen geschiedene Kemi Badenoch beschuldigte Sunak, Geld
an Betrüger gezahlt zu haben, obwohl sie ihn gewarnt habe. Sunak
bezeichnete Truss' Vorschläge der Steuersenkungen als Fantasiewirtschaft.
Kein Wunder, dass eine weitere Fernsehrunde für Dienstag von Sunak und
Truss abgeblasen wurde.
## Rishi Sunak hat es an der Basis schwer
Sunak liegt nur in der Gunst der Abgeordneten in Führung, und das nicht
einmal sehr deutlich. An der Basis der Partei, die nun das letzte Wort hat,
schneidet Sunak bisher in allen Meinungsumfragen und gegen jede
Gegenkandidatin als Verlierer ab. Die Wettbüros sehen Truss als Favoritin
des Rennens.
Der Gründe hierfür sind unterschiedlich. Zum einen gilt Sunak unter den
verbliebenen Johnson-Anhängern als Verräter, weil er am 1. Juli aus dem
Kabinett zurücktrat und damit die Rücktrittslawine von
Staatssekretär:innen und Minister:innen lostrat, die Johnson
schließlich das Amt kosteten.
Zum anderen gilt er manchen traditionellen Konservativen als
Finanzminister, der die Steuerbelastung auf ein 70-jähriges Rekordhoch
gejagt hat. Die jahrelange Nicht-Versteuerung des Vermögens und der
Einnahmen seiner indischen Ehefrau im Ausland sind ein anderer wunder
Punkt, auch wenn Sunak immer wieder klarstellt, dass seine Frau inzwischen
alles richtiggestellt habe.
Truss dankte ihren Unterstützern nach der Verkündung des Ergebnisses auf
Twitter: „Ich bin bereit, vom ersten Tag an loszulegen.“ Als erstes will
sie die Treibstoffsteuern senken und die CO2-Steuer „Green Levy“
abschaffen.
Sunak hingegen versprach, alle Investitionen zur Klimaneutralität zu
bewahren, obwohl er Stunden zuvor versichert hatte, dass er keine Windräder
auf dem Land bauen würde. Sunak versprach nach der Abstimmung, dem
britischen Volk die Wahrheit über die Herausforderungen des Landes zu
erzählen.
Noch am Mittwochmorgen hatten die Nerven blank gelegen. Die dritte noch zur
Wahl stehende Kandidatin Penny Mordaunt, Handelsministerin und bisher das
freundlichste Gesicht unter den KandidatInnen, hatte auf Twitter einen
Zeitungsartikel geteilt, wonach Tory-Abgeordnete, die Sunak oder Truss
wählten, die Partei, die sie liebten, „ermorden“ würden.
Es dauerte nicht lange, bis sie den Tweet wieder löschte. Der Abgeordnete
Charles Walker, ein Anhänger Mordaunts, beklagte eine feindselige Stimmung
gegen sie. Mordaunt hatte in den Meinungsumfragen unter konservativen
Parteimitgliedern immer wieder Truss geschlagen. Selbst die vierte im
Rennen, Kemi Badenoch, schnitt bei Umfragen besser ab als Truss, die oft
als selbstgefällige kühle Gestalt auftrat.
## Boris Johnsons Abschied im Parlament
Der Mittwoch sah nicht nur das Ende des konservativen Auswahlverfahrens für
Boris Johnsons Nachfolge, sondern auch seinen letzten Auftritt als
Premierminister bei der wöchentlichen parlamentarischen Fragestunde im
Unterhaus.
In dieser wiederholte Oppositionsführer Keir Starmer Anschuldigungen gegen
Boris Johnson aus dem Kampf um die Parteiführung der Tories, die Johnson
jedoch nicht direkt beantwortete. Er habe den Wahlkampf nicht aus der Nähe
verfolgt, behauptete er. Johnson gab sich zufrieden mit seinen Leistungen,
bevor er sich mit den Worten „Hasta La Vista“ verabschiedete.
Nun sollen sich die rund 200.000 Mitglieder der Konservativen per Briefwahl
zwischen Sunak und Truss entscheiden. Sofern sie ihren Wahlkampf beide
durchziehen, wird der Sieger am 5. September um 12 Uhr 30 britische Zeit
bekannt gegeben.
20 Jul 2022
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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Großbritannien
Konservative
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