# taz.de -- Die Wahrheit: Der hingesunkene Schlapphut | |
> Das lebende Bein. Eine Fortsetzungsgeschichte der etwas anderen Art (Teil | |
> 6). Heute: Baxter trifft auf José und schlägt mächtig zu … | |
Bild: Warum tritt das dritte Bein nicht aus dem Dunkel heraus? | |
Was bisher geschah: Bei Baxter, einem Ex-Geheimdienstler mit Goldfisch, | |
taucht nach 35 Jahren Joane wieder auf, seine alte Liebe. Im Gepäck hat sie | |
eine knifflige, ja blutrünstige Frage: „Was hat es mit dem lebenden Bein | |
auf sich?“ Mörderisch spannende Nachforschungen nehmen ihren Lauf … | |
Der Schlapphut hickste. Ein teigiges Gesicht, aufgedunsen von der täglichen | |
Flasche Metaxa, den sich José seit jenen magenkranken Tagen auf Lesbos gern | |
zu Gemüte führte, erschien im trüben Licht des Nahverkehrszugs. Baxter sah | |
es genau: Da … hing ihm doch die Schwanzflosse eines tierhandelsüblichen | |
Goldfischs aus dem Mundwinkel! War das etwa der treue Koi? | |
„Ich dachte, ich würde sterben. Ich fühlte mich wie Jonas im Bauch des | |
Wals“, sagte der Goldfisch, nachdem Baxter den großmäuligen Kubaner mit | |
einem gekonnten Fausthieb ausgeknockt hatte und den Fisch aus den Klauen | |
des Schlapphuts befreien konnte. | |
## Goldfisch auf dem Trockenen | |
„Was weißt du von dem lebenden Bein? Ne Ahnung, wo es rumläuft?“, forschte | |
Baxter den geretteten Goldfisch aus, der jetzt ziemlich auf dem Trockenen | |
saß. „Woher soll ich das wissen? Hab ich vielleicht Beine?“ | |
„Nein, aber ich könnte dir welche machen.“ | |
„Kleiner Tipp. Wo ein Bein ist, ist meist auch ein anderes.“ | |
„Hm, du meinst …“ | |
„Ja, genau. Ein abbes Bein bedeutet, dass noch ein zweites irgendwo | |
herumläuft. Eines, das nicht ab ist. Sondern noch dran.“ | |
„Ein drannes Bein.“ | |
„Haargenau. Oder besser gesagt, schuppengenau.“ | |
Der Schlapphut rutschte derweil auf den Boden der Tatsachen, nämlich den | |
der Regionalbahn nach Xanten. Die wiederum machte sich auf, ihr Ziel nahezu | |
pünktlich zu erreichen. José Eusebio Caramance y Sirloin aber schien den | |
Holzweg aller Sterblichen gegangen zu sein. Wurde auch Zeit, dachte Baxter. | |
Sein pseudovenezianisches Getue – immer nur in Gondeln unterwegs und dieser | |
windschiefe Gesang, bei dem sich Lou Grant doch dreimal im Grabe umdreht! – | |
hatte lange genug genervt. | |
Aber bass erstaunt war der Detektiv trotzdem. Sein Fausthieb hatte es ganz | |
schön in sich gehabt, fast wie damals in den goldenen Zeiten, als er bei | |
einem Einsatz in Havanna vor Wut über eine unverdiente Niederlage beim | |
Strip-Roulette Dellen in ein leeres Rumfass aus Edelstahl geboxt und damit | |
eher unfreiwillig die Steeldrum erfunden hatte. Und jetzt hatte er den | |
großen Zampano, den alten Kumpan aus Kuba, niedergestreckt. | |
## Schrei nach Löwen | |
Währenddessen pfiff der launische Wind der niederrheinischen Tiefebene | |
durch das weite Rund des Amphitheaters von Xanten. Nur mit einem weißen | |
Parka bekleidet, saß Joane auf einem Platz in der mittleren Reihe. Unten | |
auf der Bühne wurde „Antigone“ gegeben, nachdem eine Reggae-Band aus der | |
Schweiz im Vorprogramm eine Steeldrum-Version von „Perfect Day“ so | |
niedergespielt hatte, dass mehrere Zuhörende ihr Ringabonnement „cancelten“ | |
und ein gemeiner Schrei nach Löwen nicht mehr zu überhören war. Ansonsten | |
war es fast wie immer hier: viel Sand, wenig Zuschauer. | |
Ein sich verflogen haben müssender Weißbauch-Fregattvogel gab einen Laut | |
von sich, der wie „Cib“, „Cip“, „Cir“, „Gib“, „Gip“ oder �… | |
gab ihrem Sitznachbarn, einem bislang unbekannten mächtigen Trumm von Mann | |
in einem bunt gescheckten Trenchcoat, einen Stoß in die Rippen. War es | |
Doktor Meimers? Oder Arnold Zweigl? Und wer war der nun wieder? | |
Plötzlich spürte sie den nahenden Fahrtwind des Regionalzugs bis in die | |
Haarspitzen. Der Vogel kündete davon: Es war Zeit, den Abflug zu machen. Ob | |
Antigone noch den Mörder ihres Vaters finden sollte, war auch schon egal. | |
Es war Zeit, sich auf den Showdown in der Colonia Ulpia Traiana | |
vorzubereiten … | |
5 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
René Hamann | |
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