# taz.de -- Litauen will Asylgesetz nicht ändern: Vilnius versus Luxemburg | |
> Litauens Asylgesetz erlaubt die Inhaftierung von Flüchtlingen – eine | |
> illegale Regelung, so der EuGH. Doch das baltische Land will daran | |
> festhalten. | |
Bild: Flüchtlinge nicht willkommen: Litauens Grenzpolizei an der Grenze zu Bel… | |
STOCKHOLM taz | Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am | |
Donnerstag vergangener Woche entschieden hat, dass ein litauisches Gesetz | |
zum Umgang mit „illegalen Migranten“ einen [1][Verstoß gegen EU-Asylrecht | |
darstellt], ist die Regierung in Vilnius nicht bereit, dieses aufzuheben | |
oder zu ändern. Das erklärte Innenministerin Agnė Bilotaitė auf einer | |
Pressekonferenz am Freitag. Litauen habe alle Maßnahmen zum Schutz seiner | |
Sicherheit – also auch das fragliche Gesetz – „mit Brüssel koordiniert�… | |
Die [2][Entscheidung des EuGH] war einen Tag vor dem Jahrestag der | |
Verhängung der Sondergesetze ergangen, mit denen Litauens Regierung und | |
Parlament ab dem 1. Juli 2021 grundlegende Asylrechte ausgehebelt hatten. | |
Aufgrund einer angeblichen „Notstandssituation“ waren Pushbacks an der | |
litauisch-belarussischen Grenze für zulässig erklärt und bis zu einjährige | |
Freiheitsstrafen für Flüchtlinge allein wegen deren „illegaler Einreise“ | |
ermöglicht worden. | |
Laut Statistik der Grenzpolizei könnte es sich um über 10.300 Fälle | |
handeln, in denen aufgrund der Einschätzung des Gerichts in Luxemburg gegen | |
EU-Recht verstoßen wurde. Am Freitag hatte die Grenzpolizei vier weitere | |
Pushbacks gemeldet. | |
Mit den umstrittenen Regeln „haben wir Lukaschenkos hybriden Angriff gegen | |
uns alle abgewehrt“, erklärte Bilotaitė, die der nationalistischen | |
Vaterlandsunion – Christdemokraten angehört. Der belarussische Präsident | |
habe versucht, „die EU mit illegalen Migranten zu fluten“. Um diese | |
„Attacke“ abwehren zu können, habe es „schneller, unkonventioneller und … | |
unpopulärer Entscheidungen“ bedurft. Litauen müsse „sich weiterhin | |
verteidigen“. | |
Das EU-Recht sei für die Situation einer „irregulären Migration“, wie sie | |
Litauen erlebt habe, nicht geeignet, erklärte die Ministerin. Deshalb | |
strebe Litauen eine Änderung an. | |
## Kein Rechtsschutz, kein Asylprozess | |
Bereits Anfang vergangener Woche klagte Amnesty International in einem | |
Bericht unhaltbare Zustände in litauischen Asylzentren an. Man habe | |
„Tausende von Menschen willkürlich in militarisierten Zentren festgehalten, | |
wo sie unmenschlichen Bedingungen, Folter und anderen Misshandlungen | |
ausgesetzt worden sind“. Ein fairer [3][Asylprozess werde ihnen | |
vorenthalten], ihr Rechtsschutz sei „eine Schande“, man hoffe offenbar, sie | |
durch unwürdige Behandlung zu einer freiwilligen Ausreise bewegen zu | |
können. | |
Vor allem Frauen berichteten Amnesty von physischen und psychischen | |
Übergriffen. Eine junge Jesidin, die seit Monaten in einem Lager interniert | |
ist, berichtet: „Im Irak haben wir etwas von Menschenrechten und Rechten | |
für Frauen gehört. Aber hier gibt es keine Rechte.“ | |
4 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Urteil-des-EuGH/!5861318 | |
[2] https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2022-06/cp220115fr… | |
[3] /Gefluechtete-in-Litauen/!5788059 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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