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# taz.de -- Tourismusexperte über Treffen auf Rügen: Insellösungen für Inse…
> Wie schafft man einen Spagat zwischen Tourismus und Naturschutz? Das
> müsse die zweite deutsche Inselkonferenz zeigen, meint Knut Schäfer.
Bild: Die Leute wollen keine vollgestopften Hotels: Auf Hiddensee ist sogar der…
taz: Herr Schäfer, am Donnerstag und Freitag treffen sich in Binz auf Rügen
Vertreter:innen von 26 Inseln und Halligen. Wieso brauchen die Inseln
eine Konferenz?
Knut Schäfer: Weil Inselprobleme Insellösungen brauchen. Vor allem gibt es
auf einer Insel geografische Probleme. Es steht nur eine begrenze Menge an
Platz zur Verfügung. Dieses Problem wird dadurch verstärkt, dass es [1][auf
den Inseln der Nord- und Ostsee viele Schutzgebiete gibt]. Wenn man darüber
nachdenkt, dass der Tourismus auch Arbeitskräfte benötigt, kommt man zu dem
Thema Wohnraum und Zuwanderung. Standortfaktoren müssen so gestaltet
werden, dass sie interessant für Zuwander:innen sind. Auf der Konferenz
geht es um den Austausch zwischen den Inseln, um voneinander zu lernen.
Ziel ist die nachhaltige Gestaltung des Lebensraums Insel.
Platzproblem auf den Inseln und Zuwanderung – ist das nicht ein
Widerspruch?
Ein Mehr an Übernachtungskapazitäten wäre tatsächlich kontraproduktiv. Ich
bin daher für eine touristische Entwicklung in Nischen und mit Qualität.
Das bedeutet schonenden Umgang mit Ressourcen. Solch eine Entwicklung muss
immer mit den Interessen der Bewohner:innen einhergehen. Anderenfalls
ist diese Region nicht mehr authentisch, was unsere Stammgäste vergraulen
würde. Die Leute wollen die Kultur der Inseln kennenlernen und [2][die
Schutzgebiete] bewundern – und keine vollgestopften Hotelblocks. Um die
Inseln attraktiv für Zuwanderung zu machen, benötigen wir eine gute
ÖPNV-Anbindung, Wohnraum und Kitaplätze.
Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern kritisieren, dass die nachhaltige
Agenda der Inselkonferenz nur Kosmetik sei. Stimmt das?
Das ist an den Haaren herbeigezogen. Eine nachhaltige Entwicklung der
Inseln muss auch unter touristischen Gesichtspunkten gedacht werden. Der
Tourismus ist nun mal eine der wichtigsten Einnahmequellen der Inseln.
Außerdem wollen wir keine rein touristische Entwicklung, sondern einen
Einklang zwischen Natur, Tourist:innen und Bewohner:innen der
Inseln.
Leiden die deutschen Inseln schon unter dem Klimawandel?
Durchaus. Was wir schon heute deutlich spüren, ist [3][der Verlust der
großen Heringsschwärme]. Durch die höhere Wassertemperatur laichen die
Heringe viel früher, was dazu führt, dass die Jungfische nach dem Schlüpfen
nicht genug Nahrung finden. Die Hauptnahrung der Heringe, kleine Krebse,
sind zu dieser Zeit noch nicht verfügbar, da sie nicht von der
Wassertemperatur abhängen. Das ist ein riesiges Problem, weil es einen
Verlust für unsere Kulturlandschaft bedeutet. Der Hering ist unser
Brotfisch, und wenn der stirbt, stirbt auch die Branche.
Das Meer bietet aber auch großes Potenzial für erneuerbare Energien. Wie
nutzen Sie das?
Vor Rügen beispielsweise gibt es bereits verschiedene Offshore-Windparks
zur Stromerzeugung. Allerdings kann es für Inselbesucher:innen
irritierend sein, wenn am Horizont Windkraftanlagen zu sehen sind.
Was halten Sie davon?
Offshore-Windanlagen sind eine Säule der Energiewende und nötig.
Onshore-Räder direkt bei uns auf der Insel hingegen sehe ich kritisch.
Nicht zuletzt wegen der vielen sensiblen Naturräume und Vogelschutzgebiete
auf den Inseln. Dagegen haben wir uns als Tourismusverband eindeutig
positioniert.
Wie stehen Sie zur [4][Erschließung von neuen Gas- und Ölvorkommen in Nord-
und Ostsee]?
Das halte ich für äußerst problematisch. Aufgrund der geringen Vorkommen
bei uns würde die Erschließung in Richtung Fracking gehen. Dagegen haben
wir uns ebenfalls klar positioniert, da es einen zu großen Eingriff in die
Naturlandschaft bedeuten würde.
Bis wann streben Sie eine CO2-Neutralität auf den Inseln an?
Ich würde sagen, dass bis dahin noch mindestens fünf bis zehn Jahre
vergehen.
Auf einigen kleineren Inseln sind eigene Autos verboten. Wäre das nicht
auch ein Konzept für die Größeren?
Rügen ist ungefähr so groß wie das Stadtgebiet Berlins. Da braucht man
Individualverkehr, sonst würde es dem Tourismusstandort schaden.
Nichtsdestotrotz sollte die Zielsetzung sein, den Individualverkehr so weit
wie möglich zu reduzieren. Zuerst müssen wir die Hausaufgaben auf den
Inseln erledigen und den ÖPNV ausbauen, sodass Gäste das Gefühl haben, man
könne sich auf der Insel ohne Auto stressfreier bewegen. Der Weg hin zu
einer autofreien Anreise führt meist über positive Erfahrungen beim
Verzicht aufs Auto im vorherigen Urlaub in der Region.
12 May 2022
## LINKS
[1] /Nationalparkprogramm-der-DDR-Regierung/!5709526
[2] /Gasfoerderung-in-der-Nordsee/!5840006
[3] /Archiv-Suche/!5807914&s=hering&SuchRahmen=Print/
[4] /Gasfoerderung-im-Wattenmeer/!5846485
## AUTOREN
Denis Pscheidl
## TAGS
Naturschutz
Tourismus
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Menschen
Bernd Althusmann
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