# taz.de -- Die Wahrheit: Transparente Trendlooks | |
> Durchsichtige Damenkleidung scheint momentan modern zu sein. Noch | |
> moderner ist „Aliencore“. Am allermodernsten aber ist … | |
Ist Megan Fox die Königin der transparenten Trendlooks?“, fragte ein | |
Modemagazin, auf dessen Seite ich beim gemütlichen Prokrastinieren gelandet | |
war, mich neulich provokant. Ich vermutete direkt eine Fangfrage. Mir war | |
nicht klar, dass transparente Trendlooks in einer Monarchie leben, die von | |
Hollywood-Schauspielerinnen regiert wird. | |
Mir ist nicht mal klar, was genau transparente Trendlooks sind. Seit ich | |
meinen schicken, durchsichtigen, gepaspelten | |
Sechziger-Jahre-Catherine-Deneuve-Regenmantel nicht mehr trage, weil mir | |
andauernd ältere Drogerie-Kassierer wohlwollend Kommentare zuraunten – und | |
ja, ich trug noch etwas darunter –, habe ich mich nicht mehr wirklich für | |
transparente Looks erwärmen können. Transparenz ist meiner Ansicht nach | |
überbewertet, jedenfalls bei Kleidung. Bei NGOs, die Korruption bekämpfen, | |
ist das anders. | |
Aber Modemagazine haben eben ihre eigene Sprache. Und es lohnt sich | |
durchaus, Vokabeln zu lernen. „Aliencore“ zum Beispiel kannte ich nur als | |
Musikgenre – es handelt sich um Musik von Death-Metal-Bands, die mit | |
Überlichtgeschwindigkeit Gitarrensoli spielen und deren Texte von | |
Begegnungen mit Außerirdischen handeln, deren Vorhaben, die Erde zu | |
invadieren, aus voller Kehle und in höllischen Tonarten herausgekrischen | |
wird. Warum auch nicht, es steht bislang ja nicht fest, dass Aliens | |
überhaupt Ohren haben. Insofern müssten sie sich bei der Observierung | |
unseres Planeten, die normalerweise einer Invasion vorausgeht, nicht | |
beleidigt oder abgewiesen fühlen, sondern könnten mit dem | |
Raumschiff-Bataillon kommen und ruhig ein paar Aliencore-Sänger entführen. | |
„Aliencore“ in der Mode ist dagegen ein recht neuer Stil, dessen bunte | |
Zopfknödelchen an die Loveparade-Bilder der neunziger Jahren erinnern und | |
bei dem Neongrün eine wichtige Rolle spielt. Und Mode lauert überall: | |
Montagnacht blieb ich, wiederum bei der gemütlichen Schlaf-Prokrastination, | |
in der Live-Übertragung der alljährlichen Met-Gala aus New York hängen, auf | |
die Designer monatelang hinarbeiten, um ihre Gäste aus der Kulturszene | |
mit besonderen Outfits auszustatten. | |
22.000 Stunden lang hatte der Modekünstler Thom Browne etwa einen | |
überdimensionalen schwarzen Mantel mit goldenen Blumen bestickt, damit die | |
großartige Lizzo ihn trägt. Als Accessoire wählte die Rapperin, Sängerin | |
und Querflötistin ein goldenes Instrument – weil sie, wie sie auf dem roten | |
Teppich erklärte, eben eine „bad bitch“ sei, die das tue, „what bad bitc… | |
do“: Sie stimmte auf der Flöte Debussys „Prélude à l’après-midi d’u… | |
an. | |
Lizzos Nagelschmuck bestand dabei aus zehn Zentimeter langen goldenen, | |
korkenzieherartigen Gewinden, mit denen sie, wie sie etwas später erklärte, | |
die ganze Nacht die Weinflaschen ihrer Freunde öffnen wolle. Man kann nur | |
hoffen und beten, auf der Met-Party, überhaupt auf jeder Party auf diesem | |
oder einem anderen Planeten, an Lizzos Tisch sitzen zu dürfen. | |
6 May 2022 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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