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# taz.de -- VfL Bochum schafft Klassenerhalt: Die vonne Castroper
> Bochum schlägt Dortmund und bleibt in der Liga. Für die Fans ist es pures
> Glück – und weckt Erinnerungen an früheren Zeiten der Unabsteigbarkeit.
Bild: Fußballgötter zum Knutschen: Bochum-Fans nach dem Sieg über Dortmund
Dortmund taz | Vor Glück verzerrte Gesichter leuchteten in der
Frühlingssonne, Menschen warfen sich übereinander, sie sprangen, tanzten
und sangen. Wie von einem großen Virtuosen der Malerei gestaltet wirkten
die Bilder, die am Samstagnachmittag im Norden des Dortmunder
Westfalenstadions entstanden. Eine ganz großartige Saison endete für die
Anhänger des VfL Bochum mit einem Glücksmoment, den sich nur die kühnsten
Träumer in dieser Form hätten herbeifantasieren können.
„Das ist einfach die Krönung der Saison“, sagte Trainer Thomas Reis,
nachdem sein Team durch einen dramatischen 4:3-Sieg im kleinen Revierderby
beim BVB den Klassenerhalt in der Bundesliga sichergestellt hatte.
Es waren Momente, die niemand loslassen wollte. Noch eine Stunde nach dem
Abpfiff war der Gästeblock gefüllt, Milos Pantovic, der fünf Minuten vor
dem Ende das Siegtor zum 4:3 geschossen hatte, war sich nicht einmal
sicher, ob die Party rechtzeitig vor der nächsten Trainingseinheit am
kommenden Dienstag zu Ende gehen würde. „Keine Ahnung, ob wir das
schaffen“, sagte der Mittelfeldspieler, während Reis voller Stolz
verkündete: „Was hier in den letzten zwei Jahren entstanden ist, ist ein
Traum.“
In der vergangenen Saison ist der Klub nach elf Jahren in der zweiten Liga
[1][aufgestiegen], um direkt ein sensationell gutes Bundesligajahr folgen
zu lassen. Mit guter Facharbeit, aber auch mit einer Anpassungsfähigkeit,
die anderen Abstiegskandidaten fehlte. „Wir haben überragend gelernt aus
den Dingen, die uns widerfahren sind“, sagte der Bochumer Sportdirektor
Sebastian Schindzielorz. „So richtig hinten reingerutscht sind wir nie. Das
ist eine absolut beeindruckende Leistung.“
Als Schlüsselmoment auf dem Weg zu diesem Erfolgsjahr wird immer wieder die
krachende [2][0:7-Niederlage] beim FC Bayern München am 5. Spieltag
genannt, in deren Folge die Trainer und ihre Spieler erkannten, dass sie
gemeinschaftlich und maximal intensiv verteidigen müssen, um in der
Bundesliga mithalten und dort bleiben zu können. Jetzt, nach 32
absolvierten Spielen, haben sie weniger Tore zugelassen als der BVB und im
Rückspiel gegen die Bayern besiegten sie den Deutschen Meister mit 4:2.
## „Keine Nadelstreifen“
Übertroffen wurde dieses Erlebnis jetzt nur noch von dieser wilden Partie
in Dortmund an diesem Samstagnachmittag. „Das war Wahnsinn, was wir gerade
erlebt haben“, sagte Kapitän Anthony Losilla, und womöglich war ein
Energiespender zum Erfolg auch das Wesen dieses Fußballstandortes, mit dem
die Klubführung geschickt spielte.
Von Beginn an profilierte der VfL sich als Verein, der sich den Auswüchsen
des professionellen Fußballs entzieht: „Keine Nadelstreifen, kein weißes
Ballett, kein Brimborium – Castroper Straßenfußball!“, lautet der Claim
einer Imagekampagne. Das großartige Stadion an der Castroper Straße ist ein
Geschenk für die Bundesliga, weil sich Fußball hier tatsächlich anfühlt wie
in den verklärten Jahren rund um die Jahrtausendwende. Und weil hier auch
unter Coronabedingungen mit stark reduzierter Kapazität eine dichte,
intensive Atmosphäre entstand.
Die eigentliche Sensation ist, dass es den Bochumern tatsächlich gelungen
ist, diesen „Fußball pur“-Vorsatz glaubwürdig zu leben. Gut, es gab die
Wochen der Bierbecher-Würfe, in denen ein Spiel gegen Borussia
Mönchengladbach abgebrochen werden musste. Der damals noch bei Union Berlin
spielende Max Kruse sagte nach einer Partie beim VfL, er habe „selten so
asoziale Fans erlebt wie hier“. Aber diese düsteren Momente werden in den
Erinnerungen der Bochumer an dieses großartige Bundesligajahr allenfalls
eine Nebenrolle spielen, während die Dortmunder die Saison wohl am liebsten
komplett vergessen würden.
Die Mannschaft und der Trainer Marco Rose wurden wütend beschimpft und
ausgepfiffen nach dieser Derbyniederlage. „Ich glaube nicht, dass die
Spieler verdient hatten, sich beschimpfen zu lassen“, sagte Trainer Rose
zwar, denn sein Team habe „investiert“ und „Chancen ohne Ende“ gehabt. …
einfach nur zu kämpfen, reicht nicht mehr beim BVB, der ausgelaugt wirkt
und mannschaftlich nicht geschlossen auftritt. „50 Gegentore, das ist too
much, und das betrifft nicht nur unsere Defensive, das betrifft uns
komplett als Mannschaft“, sagte der Trainer, der selbst auch immer stärker
in die Kritik geraten könnte. Weil ihm nicht gelungen ist, was die Bochumer
geschafft haben: ein Team zu formen, in dem wirklich alle ihre gesamten
Kräfte füreinander und für ein gemeinsames Ziel investieren.
1 May 2022
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## AUTOREN
Daniel Theweleit
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