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# taz.de -- Souveräner Sieger beim Golf-Masters: Goofy, grün und cool
> Überflieger Scottie Scheffler holt sich jetzt auch noch unangefochten den
> Masters-Titel. Er ist derzeit das Maß aller Dinge im Golfsport.
Bild: Große Triumphe haben ihren Preis: Scottie Scheffler muss sich das giftgr…
Nein, für das größte Spektakel der 86. Masters ist nicht der neue Champion
Scottie Scheffler zuständig. Sonntag, am letzten Loch, wuchtete der Zweite
des Gesamtklassements, der Nordire Rory McIlroy, den Ball mit massiver
Sandfontäne aus dem Bunker aufs Grün, die Kugel rollte eine Riesenkurve um
mehr als 90 Grad, um nach gut 30 Metern Weg und langen 13 Sekunden ins
kleine Ziel einzusinken. McIlroy nannte den Kunstschuss nachher den besten
Schlag seiner Karriere. Nur, mit dem nächsten Schlag wiederholte sein
US-Mitspieler Collin Morikawa das Kunststück aus dem Sand. Und Rory und
Mori tanzten miteinander, das dichtgedrängte Publikum entzückte sich
ungebremst.
Die größte Aufmerksamkeit gehörte vier Tage lang einem anderen: [1][Tiger
Woods], beim ersten Auftritt 14 Monate nach seinem Autounfall. Woods hatte
sich mit Spezialschuh, Stützstrumpf und mehrfach verschraubten Knochen
leicht humpelnd über den Parcours gequält. Beim Bücken kam er nur halb in
die Knie. Der Rekonvaleszent landete mit 23 Schlägen Rückstand auf Platz 47
– und wurde enthusiastisch umjubelt. Solche aufopferungsvolle
Heldengeschichten liebt der Ami.
Souverän gewonnen hatte Scottie Scheffler, der 25-jährige Texaner. Sieg um
Sieg gelangen dem Shootingstar zuletzt, was ihn aus dem Nichts an die
Weltranglistenposition 1 katapultierte. Und jetzt auch noch
Masters-Champion – was er als Nächstes vorhabe, fragten ihn erwartungsfroh
die Augusta-Oberen, nachdem er das ikonische wie grottenhässliche grüne
Siegerjacket übergestreift hatte. „Na ja“, zuckte Scheffler die Schultern,
„ich geh nach Hause“.
Ähnlich cool hatte er beim wichtigsten Turnier des Jahres vier Tage lang
agiert: Schlag um Schlag kontrolliert, mit der Präzision eines
Hirnchirurgen. Nie aseptisch, aber wie selbstverständlich auch bei den
wüsteten Hieben über monströse Strecken und stets locker und gelassen in
kniffligen Situationen.
## Freund der Selbstironie
Goofy haben Mitspieler den großgewachsenen Scheffler früher genannt. Das
bezog sich auf die tollpatschige Micky-Maus-Figur und bedeutet auch tumb
oder doof. Scheffler findet das okay: Über sich selbst lachen sei
lebenswichtig im Dauerdruck des Profisports. Eigene Fehler zu ironisieren
helfe, damit umzugehen. Und locker zu bleiben: „Ich definiere mich nicht
über ein Golfergebnis.“
Deutsche SportfreundInnen erinnert Scheffler [2][an Jörg Schmadtke], den
Hobbygolfer (aktuelles Handicap 34) und Manager des VfL Wolfsburg. Optisch
könnte Scheffler mit Kappe auf dem Kopf Schmadtkes Sohn sein, zudem die
Mimik ähnlich abgeklärt, mal scheinbar brummig, mal ahnungsweise schalkhaft
ist. Man kann unangenehm cool sein, wenn es ins Arrogante und Unnahbare
spielt. Oder souverän cool wie Scheffler, leicht, lässig, gern ein
verschmitztes Grinsen eingestreut.
Auch Schefflers spektakulärste Szene passierte am letzten Loch. Erst schob
er seinen zweiten Put, den zum Titel, aus kaum 1,5 Metern vorbei; na ja,
kann jedem Goofy passieren. Doch dann verfehlte er aus 60 Zentimetern
zitterfingrig das Ziel erneut und fasste sich mit der rechten Hand vor den
Mund, spontan erschrocken wie ein Mädchen, das bei einer peinlichen
Bemerkung erwischt worden ist. Und lachte über sein Deppentum. Noch zwei
Fehlversuche hätte er sich gönnen können. Aber dann versenkte Scheffler das
Ding.
Noch nie hatte jemand mit einem Vierput am Ende die Masters gewonnen. Und
noch nie jemand, der wie Scottie Scheffler erst so kurz nach dem ersten
Turniergewinn Weltranglistenerster geworden war: 42 Tage. 42, die Zahl, die
jetzt auch das Golfuniversum erklärt und den ganzen Rest. Dann ging er mal
nach Hause.
11 Apr 2022
## LINKS
[1] /Golfstar-Tiger-Woods-bei-den-US-Masters/!5843511
[2] /VfL-Wolfsburg-Manager-Joerg-Schmadtke/!5618427
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Golf
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