Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Rücktritt von Tennisstar Barty: Platz an der Sonne
> Iga Swiatek ist die neue Nummer eins im Tennis der Frauen. Das bestätigte
> die Polin eindrucksvoll beim Sieg in Miami gegen Naomi Osaka.
Bild: Sie ist die neue Nummer eins: Iga Swiatek aus Polen
Berlin taz | Sie liebt das schnelle, direkte Spiel, und sie ist immer
bereit zur Offensive, aber mit diesem Tempo hätte sie selbst nicht
gerechnet. Als Iga Swiatek vor zwei Wochen beim Turnier in Indian Wells,
Kalifornien, den Titel gewann und damit auf Platz zwei der Weltrangliste
vorrückte, sagte sie, das fühle sich im Moment irgendwie surreal an. „Aber
ich will mehr“, fuhr sie fort, „und ich hab das Gefühl, dass die Nummer
eins näher und näher rückt.“
Zwei Tage später trat die langjährige Nummer eins des Frauentennis,
Ashleigh Barty, völlig überraschend zurück, und damit stand fest, dass
Swiatek im Expresstempo an der Spitze landen würde. Aber sie rückte nicht
nur einfach nach; mit einem Sieg im Finale in Miami gegen Naomi Osaka
machte die 20 Jahre alte Polin eindrucksvoll klar, wer in der Tat im Moment
die beste Tennisspielerin der Welt ist.
Die Amerikaner nennen die Kombination der hoch dotierten Turniere von
Indian Wells und Miami Sunshine Double. In Kalifornien ist es heiß und
trocken, in Florida ist es heiß und schwül, Stimmung und Atmosphäre sind
anders, auch die Zeitzone; dieser Doppelschlag ist ein großes Ding. Nur
drei Spielerinnen hatten das in der Vergangenheit geschafft – Stefanie Graf
(1994 und 96), Kim Clijsters (2005) und Viktoria Asarenka (2016). Mit 20
Jahren ist Swiatek die Jüngste in diesem Kreis. Der Sieg im Finale gegen
Naomi Osaka war ihr 17. Sieg in Folge seit Ende Februar, und dabei beginnt
jetzt erst jener Teil des Jahres, in dem sie bisher am besten war – die
Sandplatzsaison.
Kaum zu glauben, wie unfassbar schnell sie an der Spitze gelandet ist.
Naomi Osaka erzählte nach dem Finale in Miami von einem gemeinsamen
Abendessen vor ein paar Jahren in Australien, bei dem Swiatek meinte, ach,
vielleicht werde sie lieber studieren als Tennis spielen. Vor drei Jahren
gehörte sie zu den besten 50, und es war damals schon zu sehen, was aus
dieser Karriere werden könnte. Mit ihrem gefährlichen Drall in den
Schlägen, modelliert nach dem Vorbild von Rafael Nadal, den sie bewundert
und verehrt, ihrem Blick für die Situation, extrem guter Beinarbeit und der
Fähigkeit, fast ohne Übergang von Defensive auf Offensive umzuschalten,
liefert sie ein ziemlich komplettes Paket.
## Psychomäßig top
Im Gegensatz zu anderen jungen Spielerinnen entschied sie sich früh zur
Zusammenarbeit mit einer Sportpsychologin, der früheren Seglerin Daria
Abramowicz. Wie wichtig dieser Teil der Arbeit ist, machte auch die
Geschichte von Naomi Osaka deutlich, die nach großen psychischen Problemen
im vergangenen Jahr lange brauchte, um zu sich selbst zu finden. Natürlich
verlor sie das Finale in Miami nicht gern, aber die fast unbeschwerte Art,
wie sie sich hinterher mit der Freundin freute und hoch gesteckte Ziele für
sich selbst verkündete, zeigt, dass es wieder Hoffnung gibt.
Als Iga Swiatek im Herbst 2020 den Titel bei den French Open in Paris und
damit ihren ersten und bisher einzigen Grand Slam gewann (das Turnier fand
wegen der Pandemie später im Jahr als gewöhnlich statt), überzeugte sie mit
ihrer frischen, direkten Art, begleitet von der Musik, die sie mag, AC/DC
und Pink Floyd. Ihr Sieg schien in eine Serie überraschender Erfolge zu
passen, wie die der Kanadierin Bianca Andreescu, die ein Jahr zuvor die US
Open gewonnen hatte, oder wie jenem von Sofia Kenin (USA) Anfang 2020 in
Melbourne. Doch im Gegensatz zu den beiden, die seither aus
unterschiedlichen Gründen oft fehlten, marschierte die junge Polin
konzentriert weiter. Zu ihrem Team gehört inzwischen auch der Coach der
lange Zeit besten polnischen Tennisspielerin, Agnieszka Radwanska,
einstmals Nummer zwei der Welt.
Iga Swiatek ist jetzt die Nummer eins. Wie lange es wohl dauern werde, bis
sie sich daran gewöhnt habe, wurde sie in Miami gefragt. Und wenn sie
morgens in den Spiegel schaue, sehe sie da die beste Spielerin der Welt?
Ihre Antwort hörte sich großartig an. „Also, wenn ich aufwache und in den
Spiegel schaue, dann sehe ich erst mal ein ziemliches Durcheinander. Ich
bin immer noch dieselbe Person, dieselbe Iga. Und das will ich auch
bleiben.“
3 Apr 2022
## AUTOREN
Doris Henkel
## TAGS
Tennis
Frauensport
USA
Tennis
Tennis
Tennis
Tennis
Tennis
Tennis
## ARTIKEL ZUM THEMA
Frauenfinale bei den French Open: Rapperin trifft auf Lieschen Müller
Der leichte Weg von Świątek und Gauff ins Finale wirft einen Schatten auf
den Wettbewerb. Umso mehr Klasse verspricht das Duell.
Sieg einer Tunesierin und seine Folgen: Arabischer Tennisfrühling
Ons Jabeur hat als erste Afrikanerin ein hoch dotiertes Tennisturnier
gewonnen. In ihrem Heimatland Tunesien stößt sie damit eine wichtige
Debatte an.
Vor dem Tennisturnier in Stuttgart: Tennisboom gegen den Trend
Das Turnier in Stuttgart steht für die neue Blüte der deutschen
Tennisevents. Das deutsche Frauentennis steckt derweil in der Krise.
Tennis-Shootingstar Carlos Alcaraz: Wachablösung in Sicht
Der Spanier Carlos Alcaraz gilt als kommende Tennis-Größe. Nach dem Sieg
des 18-Jährigen in Miami reißen die Vergleiche mit Landsmann Nadal nicht
ab.
Überraschung bei French Open: Furchtlos im Dschungel
Die erst 19 Jahre alte Polin Iga Swiatek gewinnt das Finale der French
Open. Das Geheimnis der Tennisspielerin: die Arbeit mit einer
Sportpsychologin.
Viertelfinale French Open im Tennis: Na, geht doch
Laura Siegemund zieht bei den French Open zum ersten Mal in ihrer Karriere
in das Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers ein. Mit 32 eine
Überraschung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.