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# taz.de -- Entschuldigung nach 70 Jahren: Versuch mit furchtbaren Folgen
> 22 grönländische Kinder waren 1951 einem dänischen Umerziehungsexperiment
> ausgesetzt. Jetzt hat sich die Ministerpräsidentin offiziell
> entschuldigt.
Bild: Die dänische Premierministerin Mette Frederiksen entschuldigt sich am Mi…
Stockholm taz | „Kleine Grönländer auf der Fahrt ins große Abenteuer“,
lautete eine dänische Zeitungsüberschrift, als eine erste Gruppe von 15
Kindern Anfang Juni 1951 mit der „M/S Disko“ aus Grönland nach Kopenhagen
kam. Was weder die Öffentlichkeit, noch die Kinder oder deren Eltern
wussten: Mit den Kindern wollte man ein Erziehungsexperiment machen. Sie
sollten „dänischer“ werden.
Nicht nur die dänische Sprache sollten die insgesamt 22 Kinder zwischen 4
und 9 Jahren lernen, sondern ihr „grönländisches Wesen“ ablegen und sich
ein „dänisches aneignen“, wie es in Dokumenten des Grönlandministeriums
heißt: Sie sollten „Brückenbauer zwischen dem Grönländischen und dem
Dänischen“ werden, um als eine Art Elite einmal wichtige Funktionen in der
Verwaltung der [1][dänischen Kolonie] übernehmen zu können. Auf der Suche
nach „geeigneten, gesunden und intelligenten“ Kindern hatte man örtliche
Priester eingespannt.
Das „Experiment“ wurde ein Fiasko. Schon nach mehreren Monaten verlor man
in Kopenhagen das Interesse. Für die Kinder, die man aus ihren Familien,
ihrer Sprache und ihrer Kultur herausgerissen hatte, wurde es ein
lebenslanges Trauma. In Grönland fassten die meisten nicht mehr Fuß, nur
fünf verbrachten ihr Erwachsenenleben dort.
„Sie hatten ihr Leben lang mit schweren sozialen und menschlichen Problemen
zu kämpfen“, zog 2020 eine vom Staat bestellte [2][Untersuchung] Bilanz:
Die Hälfte habe psychische Probleme bekommen oder sei drogenabhängig
geworden. Nur drei hätten eine gymnasiale Ausbildung gemacht. Viele starben
überdurchschnittlich früh: Heute leben nur noch sechs der zweiundzwanzig.
Sie immerhin konnten am Mittwoch im Kopenhagener Nationalmuseum von
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen eine offizielle Entschuldigung
entgegennehmen. „Ihre Geschichte und die tragischen Konsequenzen des
Versuchs, dem sie ausgesetzt waren, haben mich zutiefst berührt“, heißt es
in der Einladung der Regierungschefin.
„Ja, doch, das bedeutet etwas für mich“, erklärte die 76-jährige Kristine
Heinesen im grönländischen Rundfunk: „Weil man Frieden bekommt.
Seelenfrieden. Und der Staat anerkennt, dass es ein Fehler war.“
Es war vor allem ein nach 70-jähriger Weigerung mehr als überfälliger
Schritt. Und um umgerechnet zumindest 30.000 Euro Entschädigung zu
erhalten, hatten die sechs den dänischen Staat im letzten Jahr erst
verklagen müssen.
10 Mar 2022
## LINKS
[1] /Donald-Trump-moechte-Groenland-kaufen/!5616122
[2] https://www.stm.dk/media/10146/historiskudredning_final.pdf
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Grönland
Dänemark
Kinder
Verbrechen
Grönland
Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
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