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# taz.de -- Aktivist Henning Jeschke vor Gericht: Leider nicht verurteilt
> Der Klimaaktivist Henning Jeschke muss sich vor einem Lübecker Gericht
> wegen einer Flughafenblockade verantworten. Er ist unzufrieden mit dem
> Ausgang.
Bild: Jeschkes UnterstützerInnen während seines Prozess vor dem Amtsgericht
Lübeck taz | Am Morgen des 17. August 2020 geht Henning Jeschke auf das
Rollfeld des Lübecker Regionalflughafens, wo die allererste Maschine der
beiden neuen Fluglinien nach Süddeutschland bereitsteht. Er ist [1][einer
von drei AktivistInnen], die ein Ticket gekauft haben – mit dem Ziel, den
Start des Fliegers zu verhindern.
Der 20-Jährige benetzt seine Hände mit Sekundenkleber und presst sie auf
den Rumpf des Flugzeuges. Ein Passagier sieht das und reißt ihn zu Boden,
bevor der Kleber fest werden kann. Jeschke wird in Gewahrsam genommen, die
Maschine startet mit 50 Minuten Verspätung.
Danach bekam Jeschke, der letzten Herbst durch seinen „Hungerstreik der
letzten Generation“ in Berlin bekannt wurde, Post vom Anwalt des
[2][Flughafenbesitzers Winfried Stöcker]: Der hatte ihn wegen
Sachbeschädigung und gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr angezeigt.
Die Anzeige hatte keinen Erfolg. Ein Vorwurf der Staatsanwaltschaft
schaffte es dennoch vor Gericht: Am Montag musste sich Jeschke vor dem
Amtsgericht Lübeck wegen Nötigung während der Flughafenblockade
verantworten.
Vor einer Außenstelle des Gerichts haben knapp zwanzig AktivistInnen schon
am frühen Morgen eine Mahnwache aufgebaut, dann warten sie mit ihren
Bannern in der Kälte auf das Ende der Verhandlung. Wegen der Coronaregeln
darf nur Jeschkes Freund Dennis Salis in den Gerichtssaal.
## Notstand nicht gleich Notfall – zumindest juristisch gesehen
Nach einer guten Dreiviertelstunde kommt er heraus und verkündet, dass das
Verfahren eingestellt worden sei. Er sei „fassungslos“, sagt er: „Der
Richter fragte, wie Henning in Kauf nehmen kann, dass Beteiligte für den
Prozess mit dem Auto anreisen – das sei klimaschädigend.“ Über die
Klimabilanz von Kurzstreckenflügen sei nicht gesprochen worden.
[3][Jeschke selbst ist auch unzufrieden] mit dem Ausgang. Er hat den
Eindruck, das Gericht habe sich mit der Einstellung des Verfahrens
„herausgewunden: Sie hätten mich entweder verurteilen oder freisprechen
sollen.“
„Henning Jeschke muss jetzt keine Konsequenzen tragen, aber das war nicht
unser Ziel“, sagt Jeschkes Verteidiger Mathis Bönte. „Unser Ziel war, dass
sich das Gericht auch mit dem Klimanotstand auseinandersetzt.“
Der Präsident des Lübecker Amtsgerichts Carsten Löbbert verteidigt das: „So
sympathisch das Anliegen der Klimaaktivisten auch ist, rechtfertigt es
nicht ihren Notstandsbegriff.“ Ein Freispruch mit dieser Argumentation sei
aus juristischer Sicht nicht möglich gewesen. Bei einem Notfall sei es
erlaubt, ein Flugzeug am Abheben zu hindern, „aber nur bei einer konkret
bevorstehenden Gefährdung, wenn er etwa gewusst hätte, dass es gleich nach
dem Start abstürzen wird“. Der Klimanotstand sei keine akute Gefährdung in
diesem Sinne.
Die Aufarbeitung der Aktion ist für Jeschke abgeschlossen. Doch vielleicht
ist es nicht sein letzter Prozess: Mit anderen AktivistInnen unterstützt er
derzeit unter anderem Autobahnblockaden in Norddeutschland. Die Beteiligten
fordern ein Gesetz zur Rettung von Lebensmitteln und eine ökologische
Reform der Landwirtschaft.
31 Jan 2022
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Inlandsfluege-ab-Luebeck/!5702555
[2] /Luebecker-Unternehmer-Winfried-Stoecker/!5815573
[3] /Klimaaktivist-ueber-Zukunftsangst/!5824373
## AUTOREN
Friederike Grabitz
## TAGS
Flughafen Lübeck
Aktivismus
Klima
Notstand
Hungerstreik
Leuphana Universität
Extinction Rebellion
Schwerpunkt Klimawandel
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