# taz.de -- Boris Johnsons Partygate-Affäre: Gerissener als die Polizei erlaubt | |
> Die britische Partygate-Affäre ist für den Premierminister noch nicht | |
> ausgestanden. Aber er hat sein eigenes Schicksal wieder selbst in der | |
> Hand. | |
Bild: Vorerst – mal wieder – aus dem Schneider: der britische Premier Boris… | |
Stürzt er? Bleibt er? Seit Wochen hält das Hin und Her um das politische | |
Schicksal Boris Johnsons Großbritannien in Atem. Die Partygate-Enthüllungen | |
über illegale Zusammenkünfte in seinem Amtssitz während der | |
Corona-Lockdowns haben den britischen Premierminister viel Glaubwürdigkeit | |
gekostet. Das heißt noch lange nicht, dass sie ihn auch das Amt kosten. | |
Sue Gray, die Leiterin der Partygate-Untersuchung in 10 Downing Street, hat | |
nur [1][eine bis zur Unkenntlichkeit abgespeckte Version ihrer Untersuchung | |
veröffentlichen lassen]. Der große Rest ist der Polizei übergeben und | |
bleibt unter Verschluss. Das ist eigentlich ein Indiz dafür, wie | |
schwerwiegend ihre Befunde sind. Es bedeutet aber auch, dass Grays | |
Untersuchungsbericht nur noch in einer Form öffentlich werden konnte, in | |
der nichts Relevantes mehr steht. Er enthält zwar scharf formulierte Kritik | |
eher allgemeiner Natur, aber eine Grundlage dafür, Johnson aus dem Amt zu | |
hieven, dürfte er nicht mehr sein. | |
Boris Johnson ist also vorerst aus dem Schneider, weil an den Vorwürfen | |
gegen ihn und sein Umfeld zu viel dran ist. Darauf muss man erst mal | |
kommen. Möglicherweise ist Sue Gray, eine der gerissensten | |
Strippenzieherinnen im britischen Staatsapparat, genau darauf gekommen. | |
Oder sie wurde kalt erwischt, aber das ändert auch nichts. Zu spekulieren, | |
dass die Polizei Johnson zu Fall bringt, ist müßig. Die Londoner Polizei | |
ist in der Öffentlichkeit längst diskreditiert – [2][spätestens seit ihrem | |
gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstrantinnen] nach der Verschleppung und | |
Ermordung einer jungen Frau mitten in London durch einen Polizisten | |
vergangenes Jahr. | |
Nicht von ungefähr wittern Teile der britischen Opposition jetzt einen | |
massiven Vertuschungsskandal, während Boris Johnson so tut, als könne er | |
einen Schlussstrich ziehen und sich jetzt wichtigen Dingen zuwenden wie der | |
Ukraine. Besonders überzeugend ist dies bisher nicht. | |
## Die Zeit tickt für Johnson | |
Doch je länger sich die Affäre hinzieht, desto mehr spielt sie ab jetzt dem | |
Premier in die Hände. Wenn sich die polizeilichen Ermittlungen ewig | |
hinziehen und die komplette Gray-Untersuchung auf absehbare Zeit unter | |
Verschluss bleibt, wird man irgendwann nicht mehr darüber reden – und wenn | |
doch, dann eher über Polizeiversagen und Intrige als über Regelbrüche in | |
der Coronapandemie vor Jahren. | |
Und Boris Johnson? Er kann – muss – sich als Aufräumer in Szene setzen. Der | |
Premier hat beteuert, aus „Partygate“ gelernt zu haben. Hat er? Johnson | |
muss noch sehr viel tun, um verspieltes Vertrauen in Partei und | |
Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Aber es liegt jetzt wieder in seiner Hand. | |
1 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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