# taz.de -- Urteil im Berliner Kannibalismus-Prozess: Lebenslange Haft für Leh… | |
> Das Landgericht verurteilt einen 42-Jährigen wegen Mordes. Er habe einen | |
> Mann getötet, um seine Kannibalismus-Fantasien auszuleben. | |
Bild: Blick in den Saal 700 des Kriminalgerichts Moabit kurz vor der Urteilsver… | |
BERLIN dpa | Für die Berliner Richter gibt es keinen Zweifel: Das war Mord | |
– und der angeklagte Lehrer hat sein Opfer getötet, weil er seine | |
kannibalistische Fantasien umsetzen wollte. Am Freitag verurteilte das | |
Landgericht Berlin den 42-Jährigen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe – | |
schuldig des Mordes sowie der Störung der Totenruhe. „Es ist | |
menschenverachtend, was Sie getan haben“, sagte der Vorsitzende Richter | |
Matthias Schertz in der Urteilsbegründung. „Eine ganz verabscheuungswürdige | |
Tat.“ | |
Nach Überzeugung des Gerichts hat der Lehrer [1][am 6. September 2020 in | |
seiner Wohnung in Berlin-Pankow] den 43 Jahre alten Sex-Partner ermordet, | |
das Opfer zerteilt und die Leichenteile an verschiedenen Orten in Berlin | |
abgelegt. | |
Drei Mordmerkmale sah das Gericht als erfüllt an: Die Tat sei zur | |
Befriedigung des Geschlechtstriebes erfolgt und um eine andere Straftat zu | |
ermöglichen – der Täter habe Penis und Hoden abtrennen und verspeisen | |
wollen. Außerdem sei der Angeklagte heimtückisch vorgegangen. Zudem stellte | |
das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Haftentlassung | |
nach 15 Jahren nahezu ausschließt. Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem | |
Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch | |
plädiert. Der deutsche Angeklagte hatte die Tat im Prozess bestritten. Es | |
wird mit Revision gerechnet. | |
Der Fall gleicht einem Horrorfilm: Zwei Männer um die 40 verabreden sich | |
über eine Dating-Plattform in Berlin zum Rendezvous. Später finden | |
Spaziergänger beim Gassigehen mit dem Hund im Wald Knochen. Menschliche | |
Knochen. Es handelt sich um die Überreste eines Monteurs im | |
Hochleitungsbau, der seit einigen Wochen vermisst ist. Stück für Stück | |
tragen die Ermittler zusammen – bis zu dem verstörenden Verdacht, dass es | |
sich um Kannibalismus handeln könnte. | |
Nach fünfmonatigem Prozess sieht das Gericht dies bestätigt. In den Monaten | |
vor dem Tod des 43-Jährigen habe der Angeklagte „immer häufiger Schlacht- | |
und Kannibalismus-Ideen entwickelt“, so Richter Schertz. Er sei in | |
verschiedenen sogenannten Kannibalismus-Foren unterwegs gewesen. Im | |
Gegensatz zu verschiedenen Chat-Partnern aber habe es der Lehrer ernst | |
gemeint und konkrete Vorbereitungen getroffen. Ermittler fanden später in | |
seiner Wohnung unter anderem eine Knochensäge, spezielle Messer, „Schlacht- | |
und Entmannungsanleitungen“. | |
Der Angeklagte und der Monteur sollen sich erst Stunden vor der Tat über | |
ein Dating-Portal kennengelernt haben. Spontan sei ein Sex-Date in der | |
Wohnung des Lehrers verabredet worden. Bereits im Chat habe sich der Lehrer | |
das Einverständnis des 43-Jährigen erschlichen, sich mit der Droge GHB – | |
auch bekannt als K.-o.-Tropfen – betäuben zu lassen. „Ich werde brav | |
austrinken“, habe der Monteur schließlich zugestimmt. „Doch er rechnete | |
nicht mit einem Angriff auf sein Leben“, hieß es weiter im Urteil. | |
Der Lehrer habe den Monteur vermutlich mit einem Messer attackiert, so das | |
Gericht. Staatsanwalt Martin Glage hatte sich in seinem Plädoyer überzeugt | |
gezeigt: „Er schnitt seinem noch lebenden Opfer die Kehle durch, weil ihm | |
das sexuelle Stimulanz verschafft.“ Hoden und Penis habe der Angeklagte | |
abgetrennt, „um diese Körperteile zu verspeisen“. So sehen es auch die | |
Richter. Ob er dieses Vorhaben tatsächlich umgesetzt habe, habe sich nicht | |
sicher feststellen lassen, sei aber wahrscheinlich. | |
## Der Angeklagte bestritt die Tat | |
Der Lehrer hatte die Tat bestritten. Er habe dem Monteur kein GHB | |
verabreicht und ihn nicht getötet, so der 42-Jährige. Nach dem Sex habe der | |
Monteur allein im Wohnzimmer übernachtet. Er habe ihn am Morgen tot auf der | |
Couch gefunden. In Panik sei er zu dem Schluss gekommen, „dass die Leiche | |
weg muss“, hieß es weiter in der von einer Verteidigerin verlesenen | |
Erklärung des 42-Jährigen. Krankenwagen und Polizei habe er nicht gerufen, | |
„weil herausgekommen wäre, dass ich homosexuell bin“. Er sei bis heute | |
nicht geoutet, so der Mann, der in einem kleinen Ort in Rheinland-Pfalz | |
aufgewachsen ist. Seine sexuellen Chats kannibalistischer Art seien „reine | |
Fantasien“ gewesen. | |
Was da vorgetragen wurde, sei „vollkommen unglaubhaft“, so Richter Schertz. | |
„Es ist gesellschaftlich überhaupt kein Problem mehr, homosexuell zu sein.“ | |
Was der Lehrer getan habe, sei unfassbar. | |
Das Berliner Mordverfahren erinnert an ein spektakuläres Verbrechen in | |
Deutschland im Jahr 2001, das als Fall des „Kannibalen von Rotenburg“ | |
bekannt geworden ist. Der Computertechniker hatte sein späteres Opfer über | |
eine Kontaktanzeige in einem Internet-Forum kennengelernt. Er schnitt im | |
März 2001 seinem Berliner Internet-Bekannten auf dessen ausdrückliches | |
Verlangen hin zunächst den Penis ab. Später erstach er den Ingenieur und aß | |
ihn teilweise auf. Das Strafverfahren endete mit einer lebenslangen | |
Freiheitsstrafe. | |
7 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Verdacht-auf-Kannibalismus-in-Berlin/!5730259 | |
## TAGS | |
Kannibalismus | |
Justiz | |
Verbrechen | |
Mordverdacht | |
Polizei Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verdacht auf Kannibalismus in Berlin: Sägen und Blutspuren gefunden | |
Ein 41-jähriger Berliner steht unter Verdacht, einen seit langem vermissten | |
Mann ermordet und zumindest teilweise aufgegessen zu haben. |