Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Australian Open ohne Novak Đoković: Đoković rausgeflogen
> Der Rauswurf von Tennisstar und Impfgegner Novak Đoković hat ein
> Schlaglicht auf die willkürliche Einwanderungspolitik Australiens
> geworfen.
Bild: Protest mit Doppeladler: Đoković-Anhänger verfolgen die letzte Gericht…
Novak Đoković hat Australien verlassen. Das Bundesgericht bestätigte am
Sonntag die Entscheidung der Regierung, das Visum des serbischen
Tennisstars und Impfskeptikers aufzuheben. Für den heutigen Montag war
eigentlich das Auftaktspiel des Weltranglisten-Ersten beim
Grand-Slam-Turnier in Melbourne geplant. Der 34-Jährige ist
Titelverteidiger und hätte mit einem Turniersieg Sportgeschichte
geschrieben.
Eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung von [1][Immigrationsminister
Alex Hawke], das Visum des Tennisstars zu annullieren, war jedoch
einstimmig zugunsten der Regierung ausgefallen. Đoković gab kurz nach der
Entscheidung eine Erklärung ab, in der er sich „extrem enttäuscht“ über …
Urteil zeigte.
„Ich respektiere die Entscheidung des Gerichts und werde mit den
zuständigen Behörden in Bezug auf meine Ausreise kooperieren“, sagte er.
„Es ist mir unangenehm, dass der Fokus der letzten Wochen auf mir lag, und
ich hoffe, dass wir uns jetzt alle auf das Spiel und das Turnier
konzentrieren können, das ich liebe. Ich möchte den Spielern,
Turnierverantwortlichen, Mitarbeitern, Freiwilligen und Fans alles Gute für
das Turnier wünschen.“
Das Gericht betonte, es habe über die Rechtmäßigkeit der Entscheidung
entschieden, nicht darüber, ob diese richtig sei. „Es gehört nicht zu den
Aufgaben des Gerichts, über die Begründung oder die Weisheit der
Entscheidung zu entscheiden“, so der Vorsitzende.
## Auch Kinder werden inhaftiert
Immigrationsminister Alex Hawke hatte Đoković’ Visum am Freitag zum zweiten
Mal aufgehoben, nachdem es vor einer Woche bereits an der Grenze
annulliert, nur um anschließend von einem Gericht wieder in Kraft gesetzt
zu werden. Hawke begründete den Entscheid mit „Gründen der Gesundheit und
der guten Ordnung“.
Die Anwälte der Regierung meinten am Sonntag vor Gericht, dass das vom
ungeimpften Đoković ausgehende Infektionsrisiko zwar „geringfügig“ sei.
Australien meldet jeden Tag Zehntausende neue Fälle von Covid-Ansteckungen.
Die Einreise des Tennisspielers könne aber „die Stimmung gegen das Impfen
fördern“ und die Missachtung von Coronaregeln im Land zur Folge haben.
Sogar „Unruhen“ könnten ausgelöst werden, so die Warnung. Die Anwälte des
Spielers dagegen hatten der Regierung vorgeworfen, eine unlogische und
irrationale Argumentation zu führen.
Der Skandal um das Visum von Novak Đoković hat einen unerwarteten
Nebeneffekt: Die Weltöffentlichkeit erfuhr von der „brutalen und inhumanen“
Behandlung von Asylsuchenden durch Australien, die humanitäre
Organisationen seit Jahren kritisieren. Đoković war in Melbourne [2][im
selben Hotel internier]t, in dem auch 32 abgewiesene Asylsuchende leben –
einige schon über acht Jahre lang.
Zudem inhaftiert die Regierung Asylsuchende – unter ihnen auch Kinder –,
die auf Booten nach Australien kommen wollten, jahrelang in schäbigen
Internierungslagern in Papua-Neuguinea und auf der abgelegenen Pazifikinsel
Nauru.
## Der Immigrationsminister, ein Diktator?
Der [3][Autor und Ex-Asylsuchende Behrouz Boochani] verurteilte in den
letzten Tagen mehrfach scharf die Regierung, aber auch die australische
Bevölkerung, welche die Politik der Abschreckung von Schutzsuchenden
unterstütze. Die Reaktion des Volkes auf die Annullierung von Đoković’
Visum sei zu sagen „Niemand steht über dem Gesetz“, so der Autor. Er war
selbst zwischen 2013 und 2017 im von Australien betriebenen
Internierungslager auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea inhaftiert
gewesen, nachdem er als kurdischer Journalist im Iran verfolgt worden war
und fliehen musste.
Dabei würden Australierinnen und Australier „vergessen, dass es bereits
eine Person gibt, die über dem Gesetz steht: der Einwanderungsminister“.
Der Politiker sei „ein Diktator, der mit unserem Leben gespielt hat“, so
Boochani, der heute in Neuseeland lebt. Der Autor bezieht sich dabei auf
die Tatsache, dass ein australischer Immigrationsminister persönlich das
Visum eines Antragstellers annullieren kann. Im Fall von Asylsuchenden ist
so ein Entscheid in der Regel endgültig, weil Flüchtlinge im Gegensatz zu
Đoković kaum die finanziellen Mittel haben, um in Berufung gehen.
[4][Seine Kritik gehe aber darüber hinaus], so Boochani. Wenn man zulasse,
dass ein Teil der Regierung „wie ein Diktator agiert, öffnet das den Weg
für eine Ausbreitung in der gesamten Politik. Australiens kaputte Politik
kann nicht repariert werden, bis man anerkennt, dass die Flüchtlingspolitik
die gesamte politische Kultur vergiftet hat“, so der Schriftsteller im
australischen Fernsehen. Es sei ihm „egal, ob sie Đoković abschieben oder
nicht. Viel wichtiger ist, dass die Menschen verstehen, wie dieses System
funktioniert und wie die Flüchtlinge in diesem System behandelt werden, in
dem der Einwanderungsminister sogar die Gerichte überstimmen kann.“
Viele Menschen im Ausland, die aufgrund des Đoković-Dramas zum ersten Mal
von der Asylpolitik Australiens gehört hatten, seien vielleicht schockiert,
so Boochani. „Aber die willkürliche und andauernde Inhaftierung von
Menschen, einschließlich Kindern, auf unbestimmte Zeit wird in Australien
toleriert und normalisiert.“
16 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.derstandard.de/story/2000132555107/alex-hawke-der-mann-der-nova…
[2] /Tennisprofi-okovic-in-Australien/!5823722
[3] /Flucht-eines-iranischen-Schriftstellers/!5703711
[4] /Australiens-rigide-Asylpolitik/!5686289
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Novak Djokovic
Australian Open
Abschiebehaft
GNS
Tennis
Novak Djokovic
Australien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tennisprofi Đoković in Australien: Maden im Essen
Novak Đoković' Fall wirft auch ein Schlaglicht auf die inhumane
Flüchtlingspolitik Australiens. Es wird auf das Prinzip Abschreckung
gesetzt.
Eklat um Tennisprofi: Sie nennen ihn „Novax“
Australiens Grenzpolizei lässt den weltbesten Tennisspieler Novak Đoković
nicht einreisen. Bis Montag wird er in einem Hotel interniert.
Wahlsieg Konservativer in Australien: Suizid-Welle im Flüchtlingslager
Die konservative Koalitionsregierung in Australien wurde überraschend
wiedergewählt. In einem Lager nahmen sich mehrere Geflüchtete nun das
Leben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.