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# taz.de -- Technik im heteronormativen Zuhause: Haushaltsgeräte sind Zeitmasc…
> Dass sie mal Geld für einen Saugroboter ausgeben würde, hätte sich unsere
> Autorin auch nicht gedacht. Dann kam der Hochleistungsmixer.
Bild: Zum Glück gibt es Roberto!
„Ich hab jetzt eine Küchenmaschine und ich freu mich so sehr“, schreibt
meine Freundin N. Und ich verstehe sofort. „Irgendwie traurig, oder?“,
schreibt sie hinterher. Auch das verstehe ich sofort. Es ist traurig. Aber
es ist auch richtig gut. „Mir geht es genauso“, antworte ich und denke mit
einem Teil Freude und einem Teil Scham an unseren neuen Hochleistungsmixer,
der auch kochen kann. (Nein, nicht der, der so viel kostet wie ein alter
Gebrauchtwagen.)
N. hat wie ich zwei Kleinkinder. Wir haben einander vor etwa 16 Jahren in
einem Café kennengelernt, in dem wir gekellnert haben, um Studium und Leben
zu finanzieren. Heute wohnen wir in verschiedenen Städten und schaffen es
nur selten zu telefonieren.
Die meiste Zeit klopfen wir uns per Messenger für unser von Care- und
Lohnarbeit erschöpftes Mitte-Ende-30-Dasein auf die Schulter. Manchmal
schicken wir uns wortlos Fotos von angebissenen, von kleinen Fingern
durchbohrten Butterquadern. Denn unsere Kinder haben unabhängig voneinander
einen Heißhunger auf Butter entwickelt, den sie gerne stillen, wenn keiner
hinsieht, um dann mit fettigen Fingern und Mündern zu behaupten, sie seien
es nicht gewesen.
Hätte man mir vor fünf Jahren gesagt, dass ich mein Geld mal für einen
kochenden Hochleistungsmixer ausgebe, ich hätte ungläubig gelacht. Doch
damals hätte ich auch nicht gedacht, dass ich es mal einem
Staubsaugerroboter verdanken würde, dass ich zumindest einmal täglich in
Ruhe einen Kaffee trinken kann, weil er (Roberto) in diesem Haushalt nicht
nur schon das zweite Baby unterhält, sondern auch täglich das Schlachtfeld
unter dem Esstisch beseitigt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich jemals
so über eine leisere, größere Waschmaschine freue, einen Trockner, einen
Kühlschrank, in den ein Wocheneinkauf passt, einen Reiskocher und einen
Kaffeevollautomaten, mit dem man sich einhändig Kaffee machen kann, während
auf dem anderen Arm das Baby quengelt.
## Knöpfe zur richtigen Zeit
Nun ist die Technisierung des Haushalts nicht für alle leistbar und auch
keine Lösung für die Gender Care Gap, die ungerechte Aufteilung von
Kinder-, Haus-, Pflege- und Emotionaler Arbeit in heteronormativen
Beziehungen. Denn irgendwer muss im Haushalt immer noch anwesend sein und
die Knöpfe zur richtigen Zeit drücken. Im Zweifel sind das Frauen.
Früher dachte ich, Kinder müssten irgendwie im Leben der Eltern
„mitlaufen“; das ganze Zeug bräuchte doch niemand. Und ja, es geht auch
ohne. Man könnte theoretisch auch auf Feuer kochen. Aber diese
Haushaltsgeräte produzieren Zeit. Es sind Zeitmaschinen. Schlechte
Zeitmaschinen, denn sie produzieren nur so ein kleines bisschen Zeit. Aber
eben das bisschen, das manchmal den Unterschied macht zwischen durchhalten
und [1][weinend aus dem Fenster brüllen]. Etwa wenn der Vierjährige an
einem Montagmorgen mit positivem Coronatest in Isolation muss, während
beide Eltern wichtige Schreibarbeit zu erledigen hätten.
18 Jan 2022
## LINKS
[1] /Unpassende-Ratschlaege/!5817188
## AUTOREN
Saskia Hödl
## TAGS
Kolumne Kinderspiel
Haushalt
Care-Arbeit
Technik
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