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# taz.de -- Senatsklausur auf dem Landgut Stober: Investorenethik und Kettensä…
> Der Senatsausflug ins Grüne aufs Landgut Stober erinnert unseren Autoren
> an eine unschöne Begegnung mit dem Besitzer des Landguts in den 90er
> Jahren.
Bild: Landpartie ganz ohne Säge: Die Berliner Senator:innen bei ihrer Klausur …
Der Berliner Senat hat sich am Wochenende in Klausur begeben. Um in Ruhe
über die „Zukunftshauptstadt“ und [1][die Wohnungspolitik] parlieren zu
können, fuhren die Senator:innen ins Grüne auf das Landgut Stober, kurz
hinter Nauen.
Das ist ein symbolträchtiger Ort. Ursprünglich hieß es Landgut Borsig,
benannt nach dem Industriellen August Borsig, der sich schon früh für so
etwas wie Sozialstaat einsetze. Inzwischen wurde es zu einem Tagungshaus
umgebaut. Es bewirbt sich als mehrfach preisgekröntes Bio-Hotel, das dem
Gemeinwohl verpflichtet ist. Das Gut arbeitet mit Bioland und Demeter,
wurde als nachhaltigstes Hotel Deutschlands ausgezeichnet und ist Mitglied
des Netzwerks Ethic Society, in dem sich Unternehmer austauschen können.
All das klingt super für eine rot-grün-rote Landpartie. Vielleicht zu
super.
Seinen heutigen Namen hat das Landgut von Michael Stober, der es im Jahr
2000 als Ruine erwarb. „Man kann sagen, ich hatte eine Vision“, sagte er
später. Doch ähnlich wie das Landgut hat auch Stober eine Geschichte. Er
war mal Punk, mal im Himalaya, mal Fotografie-Student in West-Berlin, hieß
in einem Portrait über den heute 63-Jährigen. In den 90ern sanierte er
Wohnhäuser in Berlin, eigene und die anderer Investoren, bis er 500
Mitarbeiter und 5.000 Mieter hatte. Irgendwann, hieß es in dem Portrait
weiter, merkte Stober, was er nicht wollte: „von windigen Auftraggebern
benutzt zu werden.“ So kann man das nennen, wenn man versucht seinen
Lebenslauf zu sanieren.
Ich habe Michael Stober im Oktober 1993 kennengelernt. Damals leitete er
einen Trupp von rund 40 Männern. Sie brachen eines Morgens mit Kettensägen
und Rammböcken die Türen des Hauses Kastanienallee 77 in Prenzlauer Berg
auf – um die dort lebenden Besetzer:innen rauszuschmeißen. Ich war
einer von ihnen. Wir, die Besetzer:innen, riefen die Polizei, die dann
Stobers Räumtrupp vom Grundstück verwies. „Verkehrte Welt in der
Kastanienallee“, [2][hieß es damals in der taz].
## Rabiater Umgang gehörte zum Alltag
Auch mit Mieter:innen anderer Häusern gingen Stober und sein Investor
Hans Kirchenbauer rabiat um. „Aufgebrochene Keller, Pfuschmodernisierung
und unterlassene Instandsetzungsarbeiten gehören in
Kirchenbauer/Stober-Häusern zum Alltag“, [3][hieß es in der taz] nach einem
Mieter:innentreffen im Abgeordnetenhaus, zu dem die Grünen geladen
hatten.
Aber sehen wir das Gute an der Geschichte: offenbar kann sich jeder Mensch
wandeln. Und das Hausprojekt K77 wurde dank [4][langer Verhandlungen an
Runden Tischen legalisiert]. Es besteht bis heute und ist auch für das
dortige [5][Lichtblick-Kino] bekannt. Das Hausprojekt wurde von einem
gemeinnützigen Verein in Erbpacht erworben, Spekulationsgewinne sind
ausgeschlossen, die Mieten traumhaft niedrig. Kurz gesagt: wenn
Rot-Grün-Rot Inspiration für seine neue Wohnungspolitik sucht, sollte es
dort Inspiration finden. Jedenfalls eher als beim Kuscheln mit harten
Hunden im modischen Schafspelz.
18 Jan 2022
## LINKS
[1] /Ergebnisse-der-Klausurtagung-des-Senats/!5828532
[2] /!1596322/
[3] /!1589306/
[4] /!1103750/
[5] https://www.lichtblick-kino.org/
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Berliner Senat
Investoren
Hausbesetzer
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