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# taz.de -- Friedensnobelpreisträgerin in Myanmar: Zwei Jahre Haft für Suu Kyi
> Die birmanische Politikerin Aung San Suu Kyi ist zu einer Haftstrafe
> verurteilt worden. Myanmars Generäle geben sich unbeeindruckt von
> Protesten.
Bild: Aung San Suu Kyi, Archivaufnahme von 2015
Bangkok taz | Neun Monate nach dem [1][Staatsstreich] gegen Myanmars
gewählte Regierung wollen die Generäle des südostasiatischen Landes trotz
Protesten und massiver Wirtschaftskrise mit zivilen Politikern abrechnen.
Am Montagmorgen wurden die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und
der gestürzte Präsident Win Myint zu je vier Jahren Haft verurteilt. Wenige
Stunden später hat die Militärjunta das Strafmaß für die 76-Jährige auf
zwei Jahre verkürzt.
Verurteilt wurde sie für angebliche Anstiftung zum Aufruhr während des
Wahlkampfs im vergangenen Jahr und angeblicher Verstöße gegen Verordnungen
zur Bekämpfung der Coronapandemie in Myanmar. Es waren die ersten Urteile
einer Serie von elf Anklagen, die allesamt an den Haaren herbeigezogen
sind. So werden Aung San Suu Kyi und Win Myunt Aufrufe zum Widerstand gegen
die Militärs zur Last gelegt, die erst nach ihrer Inhaftierung durch die
Generäle von Regimegegnern veröffentlicht wurden.
„Die Verurteilung der Staatsrätiin (Suu Kyis offizieller Titel) in einem
geheimen Scheinprozess vor einem vom Militär kontrollierten Gericht ist
eindeutig politisch motiviert“, erklärte die UN-Menschenrechtskommissarin
Michelle Bachelet und verlangte die sofortige Freilassung der
Friedensnobelpreisträgerin.
Charles Santiago, Abgeordneter aus Malaysia und Vorsitzender der
Vereinigung für Menschenrechte von Parlamentariern (APHR) im
südostasiatischen Staatenbund Asean bezeichnete die beiden Urteile als
„lächerlich“ und polterte: „Davon wird niemand getäuscht. Die Anklagen …
nichts anderes als eine Rechtfertigung für die illegale Machtergreifung.“
Myanmars Generäle zeigen sich wenig beeindruckt. Sie verweigern ein
zugesagtes Treffen des Asean-Gesandten mit Aung San Suu Kyi mit dem
Argument, zuerst müsse die Junta als legitime Regierung anerkannt werden.
Juntachef Min Aung Hlaing hat am 1. Februar den Putsch angeordnet, weil Suu
Kyi und ihre gewählten Getreuen dem General eine „ebenso wichtige Rolle wie
der Friedensnobelpreisträgerin in der Regierung“ verweigert hatten.
Am Montag ließ der General, der unter anderem für die gewaltsame
Vertreibung von 700.000 bis 800.000 muslimischen [2][Rohingyas] ins
Nachbarland Bangladesch verantwortlich ist, ein Foto verbreiten, das ihn
als gütigen Landesvater darstellt – lächelnd und in Zivil auf einem Stuhl
neben dem 95-jährigen Tin Oo, einem ehemals hohen Funktionär von Suu Kyis
Partei NLD.
Der Greis, der keine aktive Funktion in der inzwischen verbotenen NLD mehr
bekleidet, durfte bei der Begegnung sogar eine Anstecknadel mit dem
Parteisymbol tragen. „Min Aung Hlaing bot ihm an, sich bei Bedarf im
Militärkrankenhaus behandeln zu lassen“, ließ das Informationsteam der
Junta die Öffentlichkeit wissen. Das Gesundheitswesen des Landes ist wegen
Streiks seit dem Putsch weitgehend kollabiert. Bislang wurden erst 25
Prozent der 55 Millionen Einwohner gegen Corona geimpft.
Auf Aung San Suu Kyi, die wegen ihres Widerstands gegen die Militärs rund
15 Jahre in Hausarrest oder Gefängnis verbrachte, wartet weiterer Arrest.
„Sie wird sich gemeinsam mit Win Myint dort, wo sie sich derzeit befinden,
weiteren Anklagen stellen müssen“, erklärte Juntasprecher Zaw Min Tun am
Montag. Das soll wohl bedeuten, dass die beiden völlig isoliert von der
Außenwelt weiter im Hausarrest bleiben müssen.
In den Gefängnissen herrschen inzwischen barbarische Zustände. Etwa 175 der
mehr als 10.000 Menschen, die seit dem Putsch hinter Gittern verschwanden,
starben in der Haft an den Folgen von Misshandlungen und Folter. Außerdem
verhängte das Regime laut Menschenrechtsorganisationen seit dem Coup
mindesten 65 Todesurteile. Bisher gab es aber wohl noch keine
Hinrichtungen. Mehr als 1.300 Demonstranten wurden bei Protesten getötet.
## Soldaten stehlen und erpressen
Unterdessen verspielt das Militär die letzten Sympathien. „Es gibt so viele
Regeln, was an einem Moped stimmen muss“, sagt eine 25-jährige Frau aus
einem Dorf nahe der Stadt Dawai im Süden Myanmars, „die finden immer ein
Problem. Und dann verlangen sie von Frauen entweder das Moped oder eine
gemeinsame Nacht.“ Inzwischen sind in nahezu jeder Dorfschule Soldaten
stationiert. Und die stehlen und erpressen laut Bewohnern nicht nur Frauen:
„Das bisschen Gemüse, das wir ziehen können, wird von Soldaten geklaut.“
Die angespannte Versorgungslage der Soldaten zeigt, dass die
internationalen Sanktionen gegen das Regime greifen. Unternehmen, die mit
dem Militär verbandelt sind, werden boykottiert. Ausländische Konzerne
haben ihre Bestellungen zurückgefahren. Laut der Internationalen
Arbeitsorganisation (ILO) gingen in den ersten drei Monaten nach dem Putsch
1,2 Millionen Jobs verloren. Die Weltbank schätzt, dass Myanmars Wirtschaft
im Jahr 2021 um 18 Prozent schrumpfen wird.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] /Staatssteich-in-Myanmar/!5744873
[2] /Vertreibung-der-Rohingya-aus-Myanmar/!5713397
## AUTOREN
Willi Germund
## TAGS
Schwerpunkt Myanmar
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