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# taz.de -- Rechter Zemmour erklärt Kandidatur: Provokateur will in den Élys�…
> Der rechtsradikale Publizist Eric Zemmour hat seine Kandidatur zur
> Präsidentschaftswahl in Frankreich angekündigt. Seine Chancen sind klein.
Bild: Eric Zemmour bei einer TV-Debatte vor einem Bild von sich selbst
Paris taz | Mit an den faschistischen Jargon der „nationalen Revolution“
erinnerndem Pathos hat [1][der Rechtsextremist Eric Zemmour] am Dienstag
seine Kandidatur für Frankreichs Präsidentschaftswahlen im April 2022
bekanntgegeben. In einer 10-minütigen im Internet veröffentlichten
„Botschaft an die Franzosen“ erklärte er: Da niemand außer ihm es wage,
habe er beschlossen, das „Schicksal in die Hand zu nehmen“, um so „das La…
vor dem tragischen Los zu bewahren, das es sonst erwartet“. Im Übrigen sei
es zu spät, Frankreich zu reformieren, jetzt sei es an ihm, das Land zu
retten.
Offensichtlich versuchte Zemmour mit der Inszenierung – eine Bibliothek mit
alten Büchern im Hintergrund und ein altmodisches Mikrofon auf dem Tisch –,
die historische Pose von General Charles de Gaulle zu imitieren. De Gaulle
hatte via BBC im Juni 1940 in einer Rundfunkrede die Kapitulation abgelehnt
und zum nationalen Widerstand gegen die Besetzung durch Adolf Hitlers
Truppen aufgerufen.
Dass Zemmour dieses Erbe für sich beansprucht, empört: Denn Zemmour hat das
Ansehen von De Gaulles Gegner Marschall Philippe Pétain mit einer Revision
der Geschichte rehabilitieren wollen: In einer Fernsehdebatte 2019 hatte
Zemmour behauptet, der Chef des faschistischen Kollaborationsregimes habe
die „französischen Juden gerettet“.
Zemmour wollte am Abend in der Tagesschau des Fernsehsenders TF1 seinen
Entschluss offiziell ankündigen. Der ehemalige Journalist beendet so die
Phase einer vorgespielten Spannung um die Frage seiner Kandidatur, mit der
es ihm gelungen war, die Medien seit Monaten in Atem zu halten. Niemand von
den anderen erklärten oder mutmaßlichen Bewerber*innen hat auch nur
annähernd so viel Aufmerksamkeit erregt.
Es gilt zwar als höchst unwahrscheinlich, dass der 63-jährige Exjournalist
die Wahlen im kommenden Jahr gewinnen kann. Doch darf er es als Erfolg
werten, dass er mit der stets geschürten Spekulation über die Kandidatur
und Provokationen den Beginn des Wahlkampfs zu monopolisieren vermochte –
mithilfe der Medien, und speziell der Fernsehsender.
Ursprünglich war Zemmour nur dem kleinen Publikum des Senders CNews
bekannt. Mit der offenen Unterstützung [2][der wachsenden Mediengruppe des
Milliardärs Vincent Bolloré] wurde Zemmour zu einem Medienphänomen. Mit
seinen an Spektakel grenzenden Provokationen und seinen finsteren Prognosen
zum Niedergang Frankreichs versprach er auch den anderen Sendern und
Publikationen Einschaltquoten bzw. Verkaufszahlen.
Der offen xenophobe und vor allem vehement antimuslimische Zemmour, der
sich von seinen Fans gern bloß „Z“ (wie Zorro?) nennen lässt, erregt
Anstoß. So auch in der sehr kosmopolitischen Hafenstadt Marseille, wo die
Ankunft des Quasikandidaten kürzlich zahlreiche Antifa-Demonstrant*innen
auf den Plan rief. Sichtlich verärgert über diesen ungastlichen Empfang,
kurbelte Zemmour das Fenster seiner Limousine runter, um einer Frau den
Stinkefinger zu zeigen.
Das Video und das Foto dieser unschönen Szene macht seither die Runde. Denn
diese Geste sagt sehr viel aus über Zemmours bekanntermaßen sexistische
Haltung gegenüber Frauen. Sie resümiert bildlich sein reaktionäres
Programm, das eine rechtsradikale Ideologie rassistischer Überheblichkeit
sowie Hass und Spaltung zum Ausdruck bringt.
## Zemmour braucht 500 „Patenschaften“
Zuerst aber muss der Präsidentschaftskandidat wie seine
Konkurrent*innen gemäß Gesetz mindestens 500 „Patenschaften“
zusammenbringen: Zur Beglaubigung der Kandidatur berechtigt sind die
Bürgermeister*innen der rund 35.000 Kommunen sowie die Abgeordneten
und anderen gewählten Volksvertreter*innen. Gerade für als „extremistisch“
eingestufte Kandidaten ist es nicht immer leicht, diese Unterschriften
fristgemäß einzureichen. Und im Unterschied zu seiner Rivalin Marine Le Pen
vom Rassemblement national (RN) verfügt Zemmour bisher nicht über eine
Partei mit einer lokalen Basis.
Hingegen hat er für sein Wahlkampfteam neben wenigen Ehemaligen der
bürgerlich-konservativen Mitte vor allem eine ganze Reihe von politisch
erfahrenen Leuten aus rechtskatholischen und rechtsradikalen identitären
Zirkeln rekrutiert, die sogar für die RN-Chefin zu kompromittierend waren.
Obwohl Zemmour in den letzten Umfragen mit rund 15 Prozent etwas
abgerutscht ist, [3][bleibt er für Le Pen (18 Prozent) eine direkte
Gefahr]. Er könnte ihr womöglich noch den Platz in der Stichwahl gegen den
weiterhin als Favoriten geltenden Staatschef Emmanuel Macron stehlen. Noch
bleiben etwas mehr als fünf Monate Wahlkampf als Chance, Frankreich vor
selbsternannten „Rettern“ zu retten.
30 Nov 2021
## LINKS
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[3] /Wahlkampfauftakt-in-Frankreich/!5800149
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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