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# taz.de -- Fußball und soziales Engagement: Übers Stadion hinaus
> In diesem Jahr werden der Berliner Verein „Gesellschaftsspiele“ und das
> Eintracht-Frankfurt-Museum mit dem Julius-Hirsch-Preis geehrt.
Bild: Der Preis wird seit 2005 verliehen
„Wir spielen gar nicht Fußball“, sagt Peter Dittmann von
Gesellschaftsspiele e. V. Wegen fußballerischen Könnens wurde der
diesjährige Julius-Hirsch-Preis des DFB auch nicht an den Berliner Verein
verliehen. Ähnliches gilt für das Eintracht-Frankfurt-Museum, das ebenfalls
am heutigen Montag geehrt wird. Gesellschaftsspiele e. V. gibt es seit
2015, das Eintracht-Museum öffnete 2007.
[1][Gesellschaftspiele] ist vielmehr ein Zusammenschluss von Fans
verschiedener Vereine, die sich „für Fußball interessieren, und auch für
das, was sonst in der Gesellschaft passiert“, wie Dittmann,
stellvertretrender Vorsitzender des Vereins, sagt. In ihrer Begründung
erwähnt die Jury die „Mosse-Tage“, an denen Gesellschaftsspiele im Jahr
2020 beteiligt war. Auf dem Gelände, auf dem in Berlin der Jahn-Sportpark
steht und wo auch Gesellschaftsspiele seinen Vereinssitz hat, verlief die
Mosse-Straße.
„Mit Fußball hatte Mosse zunächst nichts zu tun“, sagt Dittmann, „aber
dennoch kommen durch die Geschichte des Fußballorts Jahn-Sportparks hier
jüdische Geschichte und Fußballgeschichte zusammen.“ So brachte sich das
seinem Selbstverständnis nach auf Fußball bezogene Projekt 2017 in die
Initiative „Mosse erinnern!“ ein – und der DFB honoriert dies nun mit dem
Julius-Hirsch-Preis und 7.000 Euro. Dittmann verspricht, dass das Geld bald
wieder in fußballbezogene Projekte fließen wird: „Wir sind ein
basisdemokratischer Verein. Bald werden wir beschließen, wofür wir das Geld
einsetzen.“
Zu den größeren Projekten des Vereins gehört derzeit „21 Fans“, ein
Austausch- und Begegnungsprogramm für Fans aus der Türkei, Ukraine,
Tschechien und Deutschland. Der achttägige Besuch von Fußballsupportern in
Europa endete am gestrigen Sonntag.
Noch ambitionierter ist das Programm „Superstars“. Dort werden, wie es in
der Ausschreibung heißt, „Fußballfans, Spieler*innen und Interessierte
aus den Bereichen Fußball, Gender und Nachhaltigkeit“ eingeladen, um in
fünf Projektphasen, unter anderem in Südafrika, eigene Bildungsprojekte zu
konzipieren.
## Aufarbeit der NS-Vergangenheit
All das hat auch den DFB aufmerken lassen, der mit dem Julius-Hirsch-Preis
„die Gesamtheit der Projekte, Veranstaltungen und Initiativen des Vereins“
würdigen möchte. Sie zeichneten sich durch die Bank „durch Originalität,
gesellschaftspolitische Bandbreite und methodische Vielfalt, vor allem aber
durch ihren konsequenten Einsatz gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus
und Homophobie“ aus, wie die Jury schreibt.
In der mittlerweile sehr vielfältig gewordenen Landschaft der deutschen
Sportmuseen fällt das [2][Eintracht-Frankfurt-Museum] schon lange positiv
auf. Gerade die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des
Vereins vor 1945. Museumsleiter Matthias Thoma hatte schon 2007, als das
Museums öffnete, mit dem Buch „Wir waren die Juddebube“ ein wichtiges Buch
zur Rolle der Eintracht in der NS-Zeit vorgelegt. Auch das würdigt der DFB
nun explizit. „Seit der Eröffnung im Jahr 2007 zählt die kritische
Auseinandersetzung mit dem Vereinsleben im Nationalsozialismus zu den
zentralen Aufgaben“, lobt die Jury.
Neben dem Eintracht-Museum und Gesellschaftsspiele wird auch der FC
Victoria Wittenberg gewürdigt, wie auch unter anderem der
US-Wissenschaftler Kevin Simpson, der zu Fußball im KZ geforscht hat. Im
vergangenen Jahr 2020, das von der Coronapandemie gezeichnet war, konnte
der Preis nicht öffentlich vergeben werden. Die Ehrung wird am heutigen
Montag nachgeholt. Der Verein Hawar.help, der Köln das Projekt „Scoring
Girls“ für Mädchen mit und ohne Fluchterfahrung betreibt, wird geehrt.
Ebenso geht eine Auszeichnung an die Akademie des Bundesligisten TSG
Hoffenheim, die mit einem Film an die Holocaust-Überlebenden Heinz
(Menachem) und Manfred (Fred) Mayer aus Hoffenheim erinnerte. Und geehrt
wird der Verein „Spirit of Football“ aus Erfurt wird gemeinsam mit seinem
Kooperationspartner, dem Erinnerungsort Topf & Söhne – Die Ofenbauer von
Auschwitz, geehrt. Das Museum erinnert an den Ort, in dem der Namensgeber
Julius Hirsch, siebenfacher deutscher Nationalspieler, ermordet wurde –
Auschwitz.
Seit 2005, also seit Beginn der Ära seines früheren Präsidenten Theo
Zwanziger, verleiht der DFB den Preis. Es ist der bis heute bedeutendste
Beitrag des größten Sportverbandes der Welt, sich gegen Antisemitismus und
jede andere Form von Diskriminierung zu positionieren und sich damit
zugleich seiner eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit zu stellen.
22 Nov 2021
## LINKS
[1] https://gesellschaftsspiele.berlin/
[2] https://museum.eintracht.de/
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
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