# taz.de -- Plastikmüll in Glasgow: Überall der gleiche Müll | |
> Wenigstens eine Klimakonferenz sollte so organisiert sein, dass man der | |
> klimaneutralen Welt näher kommt. Aber wer genau hin guckt, wird | |
> enttäuscht. | |
Bild: Nur auf den ersten Blick gut getrennt: Müll auf der COP 26 in Glasgow | |
GLASGOW taz | Es mag eine naive Vorstellung sein, aber ich hoffe ja immer, | |
dass auf einer Klimakonferenz die Dinge schon jetzt so organisiert werden, | |
wie es in Zukunft überall nötig sein wird, um die klimaverträgliche Welt zu | |
erreichen. In mancher Hinsicht stimmt das auch: Die Elektrobusse, mit denen | |
die Teilnehmer*innen im Fünf-Minuten-Takt zur Konferenz gefahren | |
werden, vermitteln einen guten Eindruck davon, wie [1][der Verkehr der | |
Zukunft] aussehen könnte. Bisher gibt es davon in Glasgow zwar erst 22 | |
Stück, aber bis zum übernächsten Jahr soll die Flotte auf 130 anwachsen, so | |
dass hier jeder zweite Bus elektrisch unterwegs sein wird. | |
Auch die Abfallvermeidung sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus. | |
Jede*r Teilnehmer*in bekommt im Begrüßungspakte eine Trinkflasche zum | |
Wiederbefüllen. Kaffee und Tee werden in Mehrwegbechern ausgeschenkt. Und | |
für den Müll stehen überall fünf verschiedene Behälter bereit. | |
Beim zweiten Blick kommen dagegen schon Fragen auf: Sind Aluminiumflaschen, | |
selbst wenn sie laut Hersteller aus Recycling-Material bestehen, wirklich | |
eine umweltfreundliche Lösung – zumal das Nachfüllen nicht aus der Leitung | |
geschieht, sondern aus großen Plastikbehältern? Warum wird das Essen nicht | |
auf Mehrweggeschirr serviert, sondern in Pappschachteln, die dafür sorgen, | |
dass die Restaurants auf der COP stark an McDonald’s erinnern? Und wie soll | |
Abfall sinnvoll wiederverwendet werden, wenn Essensreste und ihre | |
Verpackung in den gleichen Behälter geworfen werden sollen? | |
Beim dritten Blick wird klar, dass das Recycling bei der COP [2][genauso | |
schlecht funktioniert wie überall sonst]. Viele Teilnehmer*innen | |
scheinen damit überfordert zu sein, ihren Abfall in den richtigen Behälter | |
zu werfen. Und selbst dort, wo es gelingt, nutzt das offenbar nicht viel. | |
## Den Veranstalter*innen fällt dazu nicht viel ein | |
Denn wenn man dem Müll bis zu den großen Containern folgt, die außerhalb | |
der Veranstaltungszelte stehen, wird deutlich, dass ein großer Teil des | |
drinnen getrennten Mülls am Ende doch wieder als „General Waste“ entsorgt | |
wird. Und anders als manch andere Müllprobleme, mit denen Glasgow sich | |
derzeit herumschlägt, scheint das nicht am Streik zu liegen, zu dem [3][die | |
Gewerkschaft der Müllwerker*innen aufgerufen hat]. | |
Enttäuschend ist auch der Umgang der Veranstalter*innen mit Fragen zu | |
diesem Widerspruch: Sie werden schlicht nicht beantwortet. Stattdessen | |
kommt per Mail ein Zitat einer „Spokesperson“, die betont: „Nachhaltigkeit | |
wird im Zentrum der COP26 stehen.“ | |
Ansonsten setzt man auch bei der Klimakonerenz auf eine Kompensation der | |
entstehenden CO2-Emissionen durch die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen | |
an anderer Stelle – also exakt jene Form von „Offsetting“, die viele | |
Klimaschützer*innen als „Greenwashing“ kritisieren. Nicht nur in den | |
offiziellen Beschlüssen, sondern auch in der Praxis ist der Weg zu echter | |
Klimaneutralität bei der COP also noch weit. | |
9 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Zukunft-der-Mobilitaet/!5804163 | |
[2] /Export-von-Plastikabfall/!5703046 | |
[3] /Vor-Klimakonferenz-COP26-in-Glasgow/!5807348 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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