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# taz.de -- In Türkei inhaftierter Menschenrechtler: Erdoğan droht, Lira fäl…
> Im Streit um den Häftling Osman Kavala bringt der türkische Präsident
> Erdoğan eine Ausweisung westlicher Botschafter ins Spiel.
Bild: Die Börse reagierte direkt auf Erdogans Äußerungen, und zwar negativ
Istanbul afp | Nach der Kritik mehrerer westlicher Botschafter an der
Inhaftierung des türkischen Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala hat
Staatschef Recep Tayyip Erdoğan Medienberichten zufolge mit deren
Ausweisung gedroht. Er habe dem türkischen Außenminister gesagt, „dass wir
uns nicht den Luxus leisten können, sie (die Botschafter) in unserem Land
zu beherbergen“, wurde Erdoğan am Donnerstag von mehreren türkischen Medien
zitiert.
Die Drohung ist gerichtet an die Botschafter aus Deutschland, den USA und
acht weiteren westlichen Staaten, die am Montag in einem gemeinsamen Appell
eine „gerechte und rasche Regelung“ des Falls Kavala gefordert hatten.
Kavala sitzt seit vier Jahren ohne Verurteilung im Gefängnis.
Als Folge [1][hatte die Türkei die Botschafter am Tag darauf einbestellt].
Ankara bezeichnete den Aufruf der Länder zur Freilassung des
Kulturförderers Kavala als „inakzeptabel“.
In einem Gespräch mit türkischen Reportern an Bord seines Rückflugs von
einer Afrikareise zeigte sich Erdoğan am Donnerstag wütend. „Liegt es in
ihrer Befugnis, der Türkei eine solche Lektion erteilen zu wollen?“, fragte
Erdoğan in Anspielung auf die Botschafter. Der Privatsender NTV übertrug
die Szene.
## Vergleich mit Soros
In seinen jüngsten Äußerungen verglich Erdoğan den türkischen
Kulturschaffenden auch erneut mit dem in Ungarn geborenen US-Philanthropen
George Soros, dem Feindbild vieler Populisten. „Diejenigen, die dieses
Soros-Überbleibsel verteidigen, arbeiten an Möglichkeiten, ihn zu
befreien“, sagte Erdoğan. „Lasst ihr in eurem Land Banditen, Mörder und
Terroristen frei?“ fragte der türkische Staatschef.
Wenige Augenblicke nach Erdoğans Äußerungen fiel die türkische Lira
gegenüber dem Dollar auf ein Rekordtief. Die Börse befürchtet offenbar eine
neue Phase der Spannungen mit dem Westen.
Kavala war ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die
regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und
organisiert zu haben. Im Februar vergangenen Jahres sprach ein Gericht ihn
von diesem Vorwurf frei.
Kavala wurde daraufhin nach zweieinhalb Jahren Haft aus dem Gefängnis
entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen – diesmal im
Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdoğan im Jahr 2016 und
Spionagevorwürfen.
## Türkei droht Rauswurf aus Europarat
Im Januar dieses Jahres hob ein Berufungsgericht den ersten Freispruch auf.
Bei einer Verurteilung wegen der Spionagevorwürfe droht Kavala lebenslange
Haft. Kavalas nächste Gerichtsverhandlung ist für den 26. November
angesetzt.
Kavala hatte Erdoğan zuletzt vorgeworfen, seine Inhaftierung politisch zu
nutzen. „Der wahre Grund für meine fortgesetzte Inhaftierung“ sei das
„Bedürfnis der Regierung, die Fiktion am Leben zu erhalten, dass die
Gezi-Proteste das Ergebnis einer ausländischen Verschwörung waren“,
erklärte Kavala in einem schriftlich mit der Nachrichtenagentur AFP
geführten Interview.
[2][Der Europarat, dessen Mitglied die Türkei ist, hatte vergangenen Monat
gewarnt, Schritte gegen Ankara einzuleiten], sollte Kavala nicht vor dem
nächsten Treffen der Organisation am 30. November freikommen. Auch der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Dezember 2019
seine Freilassung angeordnet und dies seither wiederholt angemahnt.
Der in Paris geborene Kavala betreibt einen der größten Verlage der Türkei
und setzt sich mit seiner Organisation Anadolu Kültür für den Dialog der
Volksgruppen etwa im Kurden-Konflikt oder mit den Armeniern ein. Er gehörte
zudem zu den Gründern des türkischen Zweigs der Open Society Foundation des
US-Philanthropen Soros. Die Stiftung fördert demokratische Bewegungen in
zahlreichen osteuropäischen Ländern.
21 Oct 2021
## LINKS
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