| # taz.de -- Konflikt um Bosnien und Herzegowina: Wegsehen im Sicherheitsrat | |
| > Der Sicherheitsrat verlängert das Mandat der Friedenstruppen. Kritik an | |
| > den bosnischen Serben wird allerdings nicht zugelassen. | |
| Bild: Militärübung der Eufor und Natotruppen aus dem Kosovo im Oktober 2019 | |
| Sarajewo taz | Der UN-Sicherheitsrat hat in der Nacht zum Donnerstag das | |
| Mandat der Eufor-Friedenstruppen in Bosnien und Herzegowina für 12 Monate | |
| verlängert. Auch Russland und China stimmten der Verlängerung des Mandats | |
| für die nur noch 600 Mann umfassenden europäischen Truppen zu. Das | |
| Eufor-Kontingent wird vor allem von Österreichern gestellt und soll den | |
| Frieden in Bosnien und Herzegowina sichern helfen. | |
| Um die Zustimmung Russlands und Chinas zu erreichen, mussten die westlichen | |
| ständigen Mitglieder des Gremiums, die USA, Großbritannien und Frankreich, | |
| Konzessionen machen. So durfte der Hohe Repräsentant der internationalen | |
| Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina, der seit dem 1. August amtierende | |
| deutsche Politiker [1][Christian Schmidt], nicht vor dem Gremium sprechen, | |
| um die Lage im Lande zu erörtern. Seit dem Friedensabkommen von Dayton 1995 | |
| war es üblich, dass der Hohe Repräsentant alle sechs Monate einen Bericht | |
| vorlegt. | |
| Christian Schmidt wollte vor einer gefährlichen Eskalation warnen. „Bosnien | |
| und Herzegowina sieht sich seiner schwersten existenziellen Bedrohung der | |
| Nachkriegsperiode konfrontiert“, schrieb der deutsche Diplomat (sein | |
| Bericht liegt der taz vor). Für die Zuspitzung der Spannungen in Bosnien | |
| macht der Bericht den Führer der [2][bosnischen Serben], Milorad Dodik, | |
| verantwortlich. [3][Dodik] bereite die Schaffung einer eigenen Armee des | |
| serbischen Teilstaates vor und werde damit die gemeinsame, aus Bosniaken, | |
| Kroaten und Serben bestehende Armee des Gesamtstaates Bosnien und | |
| Herzegowina faktisch auflösen, heißt es im Bericht. | |
| Durch den Boykott gesamtstaatlicher Institutionen wie Präsidentschaft oder | |
| Parlament wolle er zudem den Gesamtstaat handlungsunfähig machen. Sollte | |
| die internationale Gemeinschaft diese Politik weiter akzeptieren, werde | |
| sich der serbische Teilstaat „aus der verfassungsmäßigen Ordnung Bosniens | |
| entfernen“ und den Friedensvertrag von Dayton unterlaufen, schrieb Schmidt | |
| in dem Bericht. | |
| ## Russland: Hohen Repräsentanten abschaffen | |
| Seine Schlussfolgerungen aber wollten die russischen und chinesischen | |
| Vertreter im höchsten UN-Gremium nicht hören. Russland lehnt jetzt das Amt | |
| des Hohen Repräsentanten ab und will es auflösen. | |
| Das Amt steht für eine internationale Zusammenarbeit zur Sicherung des | |
| Friedens und der Stabilität. Wenn Russland es jetzt abschaffen wolle, sei | |
| der Sicherheitsrat die falsche Adresse, erklärten die USA, Frankreich und | |
| Großbritannien. Denn das Amt unterstehe gar nicht dem Sicherheits-, sondern | |
| dem Friedensimplementierungsrat, in dem über 50 Nationen zusammenarbeiten. | |
| Dass das Mandat der Eufor-Truppen verlängert wurde, ist von der | |
| bosniakischen und nichtnationalistischen Bevölkerungsmehrheit in Sarajevo | |
| mit Erleichterung aufgenommen worden. Man habe etwas Zeit gewonnen, heißt | |
| es in den Medien. Aber am 15. November schon will Dodik alle Maßnahmen zur | |
| Loslösung der serbischen Teilrepublik durchs Parlament des Teilstaates | |
| peitschen. | |
| Julian Borger, Redakteur der britischen Zeitung The Guardian, der | |
| britischen Regierungskreisen nahesteht, erklärte in einem Interview mit dem | |
| bosnischen Fernsehsender N1, Sanktionen gegen Dodik könnten bald von | |
| britischer und US-amerikanischer Seite ausgesprochen werden. Seiner Meinung | |
| nach sollte die internationale militärische Präsenz überdacht werden. Die | |
| Situation in Bosnien und Herzegowina könnte nach seinen Informationen bald | |
| auf die Tagesordnung der Nato gesetzt werden. | |
| 4 Nov 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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