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# taz.de -- Heino und das Deutschlandlied: Immer weiter mit dem „über alles�…
> Im Riverboat vom RBB zeigt sich Heino als recht trotziger Sänger. Der
> Umgang damit in der Talkrunde ist wenig vorbildlich.
Bild: Heino, hier mal der echte
Nein, nicht unbedingt [1][Heino ist hier das schlechte Vorbild], sondern,
wie man mit einer Angelegenheit umgeht, die zwar schon mit Heino zu tun
hat, aber eben nicht nur. Es ist vergleichbar mit dem Großonkel auf der
Geburtstagsfeier, der plötzlich rechtes Gedankengut auf den Familientisch
kotzt und bei dem man sich binnen einer Sekunde entscheidet, ob man den
Herrn jetzt vor die Tür setzt oder doch lieber weghört und das Thema
wechselt. Ersteres verlangt eine politische Haltung, das Zweite verrät eine
gewisse Rückgratlosigkeit, bei der sich dann der ein oder andere fragen
könnte: Mensch, war das denn richtig so …?
Denn ob das so richtig war, dass Heino einfach seinen Sermon in der
Talkshow „Riverboat“, die seit Kurzem neben Leipzig auch aus Berlin kommt,
ablassen konnte, sollten sich die Anwesenden und auch der RBB in diesem
Fall als Sender fragen.
Was der 83-jährige Schlagerbarde da in der zweistündigen Sendung vom Stapel
ließ, war gewiss nicht nur ein Fauxpas, sondern das Zurschaustellen einer
gewissen Geisteshaltung. Und zu sehen war eben auch der Umgang damit.
Aber von vorn: [2][Riverboat vergangene Woche], das Moderatorenduo Kim
Fisher und Sebastian Fitzek ist zu Anfang der zweiten Sendung aus Berlin
sehr stolz darauf, dass es die Regierende Bürgermeisterin in spe, Franziska
Giffey, zu Gast hat. Also eine illustre Runde, mit Heino und weiteren
Gästen.
Nach dem Gespräch mit Franziska Giffey, es geht um Kostümfragen und am
Rande auch um ihre Doktorarbeit, kommt Heino an die Reihe. Der Talk
mäandert um seine schlechten Hausmannqualitäten und seine neue Tournee.
Schließlich bittet ihn die Moderatorin Kim Fisher, doch bitte die „Hosen
herunterzulassen“, und scheint dann erschlagen davon, dass Heino erzählt,
dass einige seiner Kollegen in den 1970ern sich weggedreht hätten, weil sie
ihn als „Rechten“ sahen.
„Ich kann mir schon vorstellen, dass dir das zugesetzt hat“, meint dazu Kim
Fisher, und Heino wiederum erzählt genüsslich davon, wie er 1976 für die
baden-württembergischen Schulen und im Auftrag des damaligen
Ministerpräsidenten Filbinger alle drei Strophen des Deutschlandliedes
aufgenommen hatte. Und wie ein trotziges Kind beharrt er darauf, dass auch
alle Strophen des Liedes gesungen werden dürften. Sie sind auch nicht
verboten. Allerdings ist nur die dritte Strophe die Nationalhymne.
Einfach, weil da früher viel zu oft bei den Nazis das mit dem „über alles“
zusammen mit dem Horst-Wessel-Lied gesungen wurde.
Auf Betreiben der SPD wurden die Platten mit den drei Strophen 1976
übrigens eingesammelt. Das erzählt Heino nicht. Es folgt: eine Sekunde
peinliches Schweigen.
Jahrzehnte nach diesem Einsammeln, just in dieser Runde und bei dieser
einen Sekunde, sitzt die SPD-Bürgermeisterin von Berlin in spe im RBB und
sagt dazu – nichts.
Es wäre eine poignante Möglichkeit gewesen, sich in diesem Moment als
Demokratin zu positionieren, so wie dies ihre Parteigenoss*innen und
Willy Brandt 1976 getan hatten. Aber auch das Nichts der anderen in der
Talkrunde ist ein schlechtes Vorbild. Fürs Wegducken vor dem Großonkel
Heino und seinen Storys.
Aber wenigstens kann man die Gelegenheit hier mit dem Hinweis nutzen, dass
es da ja auch noch den Wahren Heino gibt, den Kreuzberger Sänger, der in
seiner Äffung des echten Heinos auch mal eine Hymne auf Deutschland
aufgenommen hat, im Original von Slime. Mit dem Refrain [3][„Deutschland
muss sterben, damit wir leben können“.]
5 Nov 2021
## LINKS
[1] /Heino-wird-75-Jahre-alt/!5052811
[2] https://www.rbb-online.de/riverboat/videos/riverboat-berlin-20211029.html
[3] https://www.youtube.com/watch?v=OiSNDsCEZYo
## AUTOREN
Ebru Tasdemir
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
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Jan Delay
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