Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lästige Gespräche auf Familienfeiern: Endlich Boss
> Für unsere Autorin sind Gespräche auf Familienfeiern unerträglich. Schön,
> dass sie jetzt damit prahlen kann, Chefin vom Dienst zu sein.
Bild: So groß bist du schon?
Familienfeiern sind super. Es gibt Alkohol umsonst und man kann damit
punkten, in den vergangenen 20 Jahren gewachsen zu sein. Ein großer
Nachteil: Die Gespräche. Es sind immer die gleichen und je länger sie
andauern, desto schwieriger wird es, zu überspielen, dass man keine Ahnung
hat, wie das Gegenüber heißt und wie man noch mal mit ihm oder ihr verwandt
ist. Hier eine Auswahl der Klassiker.
„In deinem Alter war ich schon mit deiner Tante verheiratet“: Es ist der
zweite Satz, den der Mann meiner Tante zu mir sagt, als wir uns auf dem 50.
Geburtstag meiner Mutter begegnen. Ich muss an die Sätze denken, die ich
seit zwei Jahren immer wieder von meiner Stiefmutter höre. Erst war es: „In
deinem Alter habe ich deinen Vater kennengelernt“, das Jahr danach: „In
deinem Alter war ich schon mit deinem Bruder schwanger“.
Ich kann verstehen, dass jüngere Familienmitglieder Erinnerungen an die
Zeit in einem hervorrufen, in der man selbst in ihrem Alter war. Genauso,
wie sie das Bedürfnis wecken können, ihnen in die Wangen zu kneifen. Mach
ich das deshalb bei meinen jüngeren Geschwistern und Cousinen? Nein. (Nicht
jedes Mal zumindest).
Ebenso könnten es sich die Älteren verkneifen, den Jüngeren eine Liste von
Dingen aufzuzählen, die sie vermeintlich in ihrem Alter abgehakt haben
sollten. Insbesondere, wenn es sich dabei um eine Checkliste handelt, an
der seit Jahrhunderten ein vermeintlich erfolgreiches und erfülltes
Frauenleben bemessen wird: Feste Beziehung, heiraten, [1][Familie gründen].
Bisher hat noch kein Onkel zu mir gesagt: „In deinem Alter habe ich im
olympischen Kader geboxt“, oder: „In deinem Alter habe ich schon über
Hunderttausend im Jahr verdient“. Das wird von mir als Frau eben nicht
erwartet. Aber um das Thema Beruf kommt man auf Familienfeiern auch als
Frau natürlich nicht drumherum.
„Hoffentlich fragt mich niemand, was ich beruflich mache“, sagt meine
Cousine, während wir uns für die Beerdigung unseres Opas schick machen.
Ähnlich schlimm wie Partner- und [2][Kinder-Fragen]: die
was-machst-du-so-Frage. Entweder man hat einen Job und die Frage langweilt
einen oder man hat keinen und sie stresst.
Ich befinde mich gerade in der privilegierten Situation, mit „Chefin vom
Dienst“ antworten zu können. „Oh!“, sagen die Verwandten dann. „Chefin…
Wäre ich männlich sozialisiert, würde ich das Thema damit vielleicht auf
sich beruhen lassen. Ich spüre aber jedes Mal den Drang, aufzuklären, dass
Chefin vom Dienst in einer Redaktion etwas ganz anderes ist als Chefin und
dass der Vertrag auch nur auf sechs Monate befristet ist. Dann wiederum
folgen sorgenvolle Blicke: „Das ist aber auch schwer in deiner Branche!
Weißt denn schon, was du danach machst?“.
Nein, ich weiß ich noch nicht, woher auch. [3][Hör auf, mich zu
bemitleiden, Boomer], wenn ich gerade versuche, eine gute Zeit zu haben.
Ich habe ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in
meinem Bereich und ein Glas Sekt in der Hand. Immerhin mit meiner Cousine
kann ich darauf anstoßen.
18 Oct 2021
## LINKS
[1] /Regenbogenfamilien-in-Deutschland/!5801668
[2] /Petition-der-Woche/!5774658
[3] https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article205642035/Future-Talents-Rep…
## AUTOREN
Lou Zucker
## TAGS
Erwachsene
Familie
Unterhaltung
Kolumne Hot und hysterisch
Kolumne Hot und hysterisch
Kolumne Hot und hysterisch
Kolumne Hot und hysterisch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Konsensuale Anbahnung: Flirten wie Camila
Wie flirtet man respektvoll? Das fragen sich viele Menschen. Unsere
Kolumnistin stellt ihren angenehmsten Flirt vor.
„Rabenväter“ und politisches Amt: Wahrscheinlich irgendwie schwierig
Wann werden in Deutschland Beruf und Familie vereinbar sein? Voraussichlich
erst dann, wenn die Sache auch für Männer richtig unbequem wird.
Erfahrungen beim Heterodating: Aus einem anderen Jahrhundert
Liebeskummer lässt einen Dinge ausprobieren. Wer seine Tinder-App auf „alle
Geschlechter“ umstellt, kann allerdings schnell genug haben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.