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# taz.de -- Polizei in Großbritannien: Undercover gegen Menschenrechte
> Ein Polizist infiltrierte Umweltgruppen und fing sexuelle Beziehungen mit
> Aktivistinnen an. Das hat eine Beschwerdestelle gerügt.
Bild: Eine Beschwerdestelle in London hat krasses Fehlverhalten von Polizeieamt…
London taz | Die britische Polizei hat gegen die Menschenrechte verstoßen.
Das hat die unabhängige Beschwerdestelle Investigatory Powers Tribunal
(IPT) im Fall von Undercover-Beamten entschieden, die im Einsatz sexuelle
Beziehungen zu Umweltaktivistinnen eingegangen sind. Am selben Tag, an dem
ein Gericht einen Polizisten für den Mord an der [1][33-jährigen Sarah
Everard] zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung
verurteilte, hat die Beschwerdestelle in London damit am späten
Freitagnachmittag abermals krasses Fehlverhalten von Beamt*innen
benannt.
Dabei hieß es, das Verhalten der Polizei gegenüber dem betroffenen
weiblichen Opfer könne nach der europäischen Menschenrechtskonvention
(EMRK) in einer demokratischen Gesellschaft auf keinen Fall als notwendig
gerechtfertigt werden. Der Fall stelle „erschütterndes und beklagenswertes
fundamentales Versagen der Polizei dar.“
Im konkreten Fall ging es um die heute 41-jährige Britin Kate Wilson, die
von 2003 bis 2005 eine Beziehun[2][g mit einem Mann hatte, der unter
falschem Namen auftrat und Mitglied einer Polizeieinheit war]. Er soll
sexuelle Beziehungen [3][mit mindestens zehn Frauen geführt haben]. Wilson,
die in Oxford studiert hat und als Aktivistin für grüne Anliegen und
soziale Gerechtigkeit eintritt, hatte nahezu ein Jahrzehnt lang im
Alleingang versucht, ihren Fall durchzuboxen.
Der [4][Beamte Mark Kennedy operierte sieben Jahre lang als Polizeiagent
undercover] und führte mit Wilson von November 2003 bis Februar 2005 eine
sexuelle Beziehung, ohne dass er ihr gegenüber klar gemacht hatte, was der
wahre Grund seiner Anwesenheit war, nämlich das Infiltrieren der Gruppen,
in denen sie aktiv war. Wilson kannte Kennedy nur unter seinem Decknamen
Mark Stone.
## Erst 2010 wurde die wahre Identität des Polizisten bekannt
Selbst als Wilson sich gar nicht mehr im Vereinigten Königreich aufgehalten
hatte, sondern in Barcelona und später Berlin lebte, versuchte der
Polizeibeamte weiter, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Erst 2010 wurde Wilson
die wahre Identität Kennedys bekannt.
Die Richter kritisierten insbesondere, dass die polizeilichen Vorgesetzten
Kennedys trotz eindeutiger Indizien nichts gegen sein Verhalten unternommen
hatten, „entweder absichtlich, aus Kompetenzmangel oder fehlendem
Verantwortungsbewusstsein“. Die Menschenrechte Wilsons seien verletzt
worden.
Derartige Infiltrationen gab es im Vereinigten Königreich seit dem
Vietnamkrieg 1968. Immer wieder scheint es dabei zu sexueller Ausbeutung
von Frauen durch polizeiliches Personal gekommen zu sein.
Kate Wilson kritisierte nach dem Urteil, bis heute gehe die Polizei nicht
gegen mutmaßliche Sexualstraftäter in den eigenen Reihen vor.
Im Fall Everard hätte gründlicheres Vorgehen nach Beobachtungen anderer
Beamt*innen wahrscheinlich dazu geführt, dass ihr Mörder lange vor der
Tat aus dem Polizeidienst ausgeschlossen worden wäre.
1 Oct 2021
## LINKS
[1] /Urteil-im-Mordfall-Sarah-Everard/!5800833
[2] /Britischer-Spitzel-in-Deutschland/!5343593
[3] /Polizeispitzel-in-linker-Szene/!5234937
[4] /Verdeckter-Ermittler-in-linker-Szene/!5127867
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Großbritannien
Polizei
Undercover
Festnahmen
Schwerpunkt Rassismus
Großbritannien
Polizei
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