# taz.de -- Petition der Woche: Keine Selbstbestimmung | |
> Die Stadt Passau zwingt ungewollt Schwangere zur Reise. Eine Petition | |
> will das nun verhindern. Schon über 2.500 Menschen haben unterschrieben. | |
Bild: Schöne Stadt mit bisweilen hässlicher Kommunalpolitik: Passau in Bayern | |
Drei junge Frauen stehen vor einer Wand. Sie haben Kleiderbügel in der | |
Hand. Mit diesem Foto wirbt eine Petition, die erreichen will, dass im | |
städtischen Klinikum in Passau Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden | |
dürfen. Die Petition heißt [1][„passauforchoice“], Passau für | |
Selbstbestimmung. Inzwischen haben schon über 2.500 Menschen | |
unterschrieben. | |
Wenn eine Frau in Passau ungewollt schwanger wird, dann muss sie in den | |
meisten Fällen 120 Kilometer bis nach Landshut oder sogar noch weiter nach | |
München oder Nürnberg fahren. In Passau führt nur eine Gynäkologin | |
Schwangerschaftsabbrüche durch, die Versorgung im gesamten Regierungsbezirk | |
Niederbayern ist gering. | |
Der Passauer Bischof, Stefan Oster, spricht sich regelmäßig dafür aus, | |
Abweichungen von heteronormativen Gesellschaftsidealen zu bekämpfen, heißt | |
es vom Bündnis für Sexuelle Selbstbestimmung Passau. Erst im Januar hielt | |
er eine Predigt, in der er sagte, dass Homosexuelle enthaltsam leben | |
sollten, um sündenfrei zu bleiben. Schwul oder lesbisch sein an sich sei | |
keine Sünde – aber das Ausleben der Sexualität schon. | |
Das Bündnis für Sexuelle Selbstbestimmung, ein Zusammenschluss von 21 | |
Passauer Initiativen, Organisationen und Gruppen, hat allerorten mit | |
solchen Moralvorstellungen zu kämpfen. „Passau und Niederbayern sind, was | |
sexuelle Selbstbestimmung angeht, sehr konservativ“, sagt eine Sprecherin. | |
Trotzdem seien die Erfahrungen an den Infoständen in der Fußgängerzone | |
ermutigend. Die meisten Menschen seien schockiert, wenn sie hörten, wie die | |
Situation für ungewollt Schwangere in Niederbayern sei. | |
Widerstand käme von der Politik. „Gegenwind erhalten wir vor allem durch | |
das eiserne Schweigen des Oberbürgermeisters und vieler Stadträt*innen | |
zum Thema“, sagt die Sprecherin. Trotz mehrfacher Anfragen würde | |
Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) seit Herbst 2020 ein Gespräch | |
verweigern. Hört man sich in Passau um, dann soll Dupper ein harter Gegner | |
von Schwangerschaftsabbrüchen sein. | |
Einfach hat es das Bündnis in Passau also nicht. Dazu kommt noch, dass es | |
eine aktive Gruppe der sogenannten Lebensrechtsbewegung in der Stadt gibt. | |
„Leider begegnen wir regelmäßig dem christlichen Fundamentalisten und | |
ehemaligen AfD-Kreisrat Andreas Eimannsberger, wenn er vor der | |
Pro-familia-Beratungsstelle seine Mahnwache gegen Schwangerschaftsabbrüche | |
abhält und Betroffene belästigt“, sagt die Sprecherin. | |
Die [2][taz berichtete 2020] über Eimannsberger. Er kommentierte laut | |
Infoticker ein Video des Faschisten Björn Höcke so: „Dieser Mann wird unser | |
Kaiser werden, des neuen Deutschen Reiches.“ Die Polizei tut laut dem | |
Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung nichts gegen Eimannsberger und die | |
Belästigungen vor der Pro-familia-Beratungsstelle. | |
Das Bündnis fordert in der Petition einen runden Tisch. „Am Ende hängt | |
alles von der Bereitschaft des Oberbürgermeisters Jürgen Dupper und dem | |
Passauer Stadtrat ab. Sie müssen die Rechte von Menschen, die ungewollt | |
schwanger sind, endlich achten“, sagt die Sprecherin des Bündnisses. „Im | |
Jahr 2021 muss endlich Schluss sein mit der antifeministischen Politik des | |
Stadtrats. Auch Jürgen Dupper wird das Thema nicht für immer aussitzen | |
können.“ | |
2 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.openpetition.de/petition/online/passauforchoice-schwangerschaft… | |
[2] /Aktivismus-gegen-Abtreibungen/!5667040 | |
## AUTOREN | |
Niko Kappel | |
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