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# taz.de -- Karriereende eines Zeitfahrspezialisten: 50 Siege gegen die Uhr
> In der Mixed-Staffel kann Tony Martin mit der Hilfe der starken Frauen im
> Team noch einmal eine WM-Medaille holen. Danach fährt er keine Rennen
> mehr.
Bild: Windschnittig: Tony Martin bei der WM auf seiner Zeitfahrmaschine
Brügge taz | Eine ganze Ära geht heute [1][im belgischen Brügge] zu Ende.
Tony Martin, im fernen Jahr 2005 mit seinem ersten Zeitfahrsieg in den
Profiradsport gestartet, wird kurz vor 17 Uhr sein Arbeitsgerät endgültig
in die Garage bringen. Dann ist die Mixed Staffel beendet. 22,5 Kilometer
legt dabei ein Männertrio zurück. Für die deutschen Farben treten Tony
Martin, Max Walscheid und Nikias Arndt an. Danach übernehmen für 22
Kilometer die Frauen. Das hat bereits einen goldenen Glanz. Denn Lisa
Brennauer, Lisa Klein und Mieke Kröger gehörten in Tokio zum Goldvierer auf
der Bahn. Die Frauenpower führt nun auch zu Träumen bei den Männern.
„Ich würde gern Gold gewinnen“, sagt etwa Walscheid. „Es wird eine ganz,
ganz schwere Konkurrenz. Und es ist auch schwer einzuschätzen, es ist eine
noch relativ neue Disziplin. Wir haben aber eine gute Männer- und eine gute
Frauenmannschaft und können vorne mitfahren – im besten Fall um Gold.“
Für seinen Kollegen Tony Martin wäre dies der perfekte Abschluss. Exakt 50
Zeitfahrsiege hat Martin bisher in seiner Karriere geholt, [2][darunter
vier WM-Titel]. Als er das erste Mal im Kampf gegen die Uhr bei den Profis
erfolgreich war, im August 2005 bei der Rothaus Regio Tour, war ein
gewisser Rolf Aldag noch im Rennen. Der begann kurz darauf seine
Managerkarriere. Nun treten mit Martin und André Greipel, der Anfang
Oktober bei Paris–Roubaix sein letztes großes Profirennen fahren wird – die
wichtigsten Protagonisten der Generation nach Jan Ullrich ab.
Sie alle waren durch den gebürtigen Rostocker geprägt, hatten seine Siege
im Fernsehen mitverfolgt und wohl auch davon geträumt, es ihm nachmachen zu
können. Martin kam dem Idol noch am nächsten. 2009 fuhr er als
Tour-Debütant auf der Königsetappe zum Mont Ventoux um den Etappensieg mit
– und musste sich nur deshalb geschlagen geben, weil er sich an der letzten
Kurve verkalkuliert hatte. Da sprachen viele schon vom „jungen Ullrich“.
## Glaubwürdig gegen Doping
All das war aber auch eine Hypothek. Zum einen, weil Martins Talent fürs
Hochgebirge dann doch nicht reichte und er sich auf Zeitfahren
spezialisierte. Zum anderen, weil der Dopingskandal um Ullrich und den
Rennstall Telekom für tiefe Bestürzung sorgte. Die damals jungen Fahrer
mussten sich stets gegen Dopingverdacht und Dopingvorverurteilung wehren.
Martin nahm früh und glaubwürdig eine Position gegen Doping ein. Er
forderte sogar Gefängnisstrafen. Und er kritisierte den Weltverband UCI für
dessen laxen Umgang mit der Salbutamolaffäre des damaligen Top-Stars Chris
Froome.
In den letzten Jahren lag ihm das Thema Sicherheit immer mehr am Herzen.
Das war auch eigenen Stürzen geschuldet. „2018 hatte ich einen Wirbelbruch.
Wer weiß, was mit ein bisschen mehr Krafteinwirkung passiert wäre. Ich
frage mich jetzt ständig: Wie oft werde ich noch Glück im Unglück haben?“,
sagte er schon vor zwei Jahren. „Ich habe das Gefühl, dass es mehr tödliche
Unfälle im Rennen und im Training gibt.“
Diese Entwicklung verschärfte sich zuletzt. Das gab auch den Ausschlag für
das vorzeitige Karriereende, ein Jahr vor Ablauf des Vertrags mit seinem
Rennstall Jumbo-Visma. „In 99 Prozent der Zeit läuft in den Rennen alles
gut. Aber ich dachte immer mehr daran, was geschieht, wenn es nicht so gut
geht und ich bin dann der, der bei 70 km/h zu Boden geht. Wenn man jung
ist, denkt man vielleicht nicht so sehr daran, aber jetzt, besonders als
Vater, sieht man die Gefahren immer stärker“, meinte er. Und er beklagte,
dass sich zu wenig tue, um Stürze zu vermeiden.
Am heutigen Mittwoch zumindest ist für den 36-Jährigen die Straße frei.
Beim Zeitfahren im Trio kommt es auf Kraft und gute Wechsel an. Die Strecke
hat er sich eingeprägt. Eine Medaille am Ende wäre ein perfekter Abschluss.
21 Sep 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Tom Mustroph
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