# taz.de -- Studie zu Kosten des Klimawandels: Klimakrise macht Arme ärmer | |
> Laut einer neuen Studie wird schlechte Klimapolitik die soziale Schere | |
> vergrößern. Arme zahlen mehr und sind verwundbarer bei Risiken. | |
Bild: Getreideernte in Niedersachsen – dank Dürren und Starkregen künftig s… | |
Berlin taz | Höhere Preise für Treibstoff und Wärme, höhere Mieten durch | |
Sanierung oder teurere Lebensmittel – beim Klimaschutz dürfe man Menschen | |
mit geringem Einkommen nicht überfordern, so fordern es alle Parteien. Aber | |
ohne effizienten Klimaschutz und durch die aktuelle unfaire | |
Lastenverteilung leiden gerade die Ärmsten der Gesellschaft in der | |
Klimakrise am meisten, zeigt jetzt eine neue Studie zu den „[1][Folgekosten | |
der Klimakrise“. Darin warnen das „Forum Ökologisch-Soziale | |
Marktwirtschaft“ (FÖS)] und das Öko-Institut vor einer sozialen Schieflage | |
durch den Klimaschutz, „da sozial benachteiligte Personen weniger | |
Anpassungsmöglichkeiten haben und relativ stärker von höheren Kosten für | |
Grundbedürfnisse belastet werden“. Wenn die Politik nicht reagiere, um das | |
1,5-Grad-Ziel zu erreichen, „würde sich die soziale Schere weiter | |
vergrößern“, heißt es in der Untersuchung, die am Montag veröffentlicht | |
wird. | |
Die Studie untersucht, welche „Verteilungswirkung“ Klimakrise und | |
Klimapolitik bei „vulnerablen Bevölkerungsgruppen“ bewirken. Ergebnis: | |
Tendenziell werden Arme ärmer. Denn sie leben oft in schlecht gedämmten | |
Häusern, zahlen höhere Energiekosten oder eine höhere Miete nach Sanierung. | |
Bei Unwettern wie den Überflutungen im Westen Deutschlands treffe es | |
dagegen Versicherungen und Hauseigentümer, „hier sind besonders | |
Eigentümer*innen mit geringem Einkommen betroffen. Zu ihnen gehören | |
zum Beispiel Rentner*innen“, heißt es im Gutachten. | |
Wenn Unwetter Straßen und Brücken zerstören, werden sie durch allgemeine | |
Steuern repariert, die von allen gezahlt werden. Aber teurere Tickets für | |
Bus und Bahn, die durch Verluste nötig werden, treffen wieder | |
überproportional die ärmere Bevölkerung, warnen die ExpertInnen. Auch wenn | |
Dürre oder Starkregen die Ernten reduziere, sei das gefährlich: „Gerade | |
Haushalte mit geringem Einkommen haben nur ein begrenztes Budget für | |
Lebensmittel und es besteht wenig finanzieller Spielraum, um für Mehrkosten | |
im Ernährungsbereich aufzukommen. Es droht Ernährungsarmut.“ Weder beim | |
Verkehr noch bei der Ernährung sei es aber bisher möglich, diese Risiken | |
genau zu beziffern. | |
Auch die Gesundheitsrisiken sind im Klimawandel nicht gleich verteilt. | |
Alte, Kranke und Kleinkinder leiden am meisten unter Hitzewellen. Und wer | |
sich nicht ins klimatisierte Büro zurückziehen kann, bekommt eher Probleme: | |
„Personen, die draußen (körperlich anstrengende) Arbeit leisten und ihre | |
Arbeitszeit nicht frei einteilen können (etwa Bauarbeiter*innen, Post- und | |
Paketbot*innen, Gärtner*innen), werden unter den steigenden Temperaturen | |
und der Häufigkeit der Hitzetage leiden“, heißt es. | |
## Nichtstun ist zu teuer | |
Als Gegenmaßnahmen empfiehlt die Studie, [2][Maßnahmen zum Klimaschutz | |
sozial gerecht zu gestalten]. „So würde eine CO2-Bepreisung mit pauschaler | |
Rückerstattung der Einnahmen (Ökobonus) oder einer Senkung der EEG-Umlage | |
(wie es alle Parteien fordern, d. Red.) eine progressive Wirkung entfalten | |
und somit eine verursachergerechte und sozialverträgliche Bekämpfung der | |
Klimakrise ermöglichen.“ Es lohne sich auf jeden Fall, sozial gerechten | |
Klimaschutz zu machen, sagt Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin | |
beim FÖS, „das wird bisher nicht genug mitgedacht. Nichtstun ist für alle | |
die teuerste und besonders für Arme die schlechteste Option.“ | |
Die Studie ergänzt aktuelle Untersuchungen etwa des Mercator-Instituts MCC | |
zur Lastenverteilung im Klimaschutz. Das [3][MCC, aber auch das DIW und das | |
Öko-Institut haben wiederholt festgestellt,] dass viele aktuelle Regelungen | |
zu Klimaschutz wie Förderung von erneuerbaren Energien, der | |
Elektromobilität oder der Gebäudesanierung tendenziell reichere | |
Bevölkerungsteile begünstigen und ärmere benachteiligen. | |
6 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://foes.de/ | |
[2] /Auf-dem-Weg-zur-gruenen-Null/!5792739 | |
[3] /Kosten-von-Klimapolitik/!5792299 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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