Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Einnahmen aus der Erbschaftsteuer: Heilige Familienbande
> Der Staat nimmt aus der Erbschaftsteuer lächerlich wenig ein. Viele
> nehmen das einfach hin. Warum? Weil es um Gefühle geht – und nicht um
> Logik.
Bild: Manche bekommen das goldene Ei schon ins Nest gelegt
Es ist erstaunlich: Pro Jahr werden [1][geschätzt 300 Milliarden Euro
vererbt oder verschenkt] – aber davon kommt beim Staat ganz wenig an. Im
Jahr 2020 haben die Finanzämter [2][8,5 Milliarden Euro an Erb- und
Schenkungsteuer eingenommen], wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch
bekannt gab.
Die Erbschaftsteuer ist also eine Bagatellsteuer – selbst die
[3][Tabaksteuer] bringt fast doppelt so viel ein. Raucher werden stärker
geschröpft als Erben. Das ist seltsam, regt aber fast niemanden auf. Auch
Nichtvermögende finden es völlig normal, dass reiche Erben geschont werden.
Tod ist ein unangenehmes Thema, und Familienbande sind heilig.
Da gerät schnell in Vergessenheit, dass man sich seine Eltern nicht
aussuchen kann. Es ist keine Leistung, in eine Fabrikantendynastie
hineingeboren zu werden. Diese Feststellung ist zwar denkbar banal, wird
aber trotzdem hartnäckig ignoriert.
Es ist nicht harmlos, dass Erbschaften kaum besteuert werden, denn damit
verfestigt sich die extreme Ungleichheit bei den Vermögen. Nur zur
Erinnerung: Das oberste eine Prozent, also das reichste Hundertstel,
[4][verfügt bereits über ein Drittel des Volksvermögens]. Umgekehrt besitzt
die ärmere Hälfte fast gar nichts.
Trotzdem ist schon jetzt klar, dass sich auch nach der Bundestagswahl
nichts ändern wird. Union und FDP lehnen „Steuererhöhungen“ bekanntlich
rigoros ab – und eine rot-rot-grüne Koalition ist derzeit völlig
unwahrscheinlich. Aber selbst wenn es eine linke Regierung, wider alle
Erwartungen, geben sollte, würde eine Reform der Erbschaftsteuer scheitern.
Denn auch der Bundesrat müsste zustimmen, wo FDP und Union über eine sehr
satte Veto-Mehrheit verfügen.
Diese Realitäten dürften sich auch künftig nicht verschieben. Die
Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat spiegeln letztlich nur die
Präferenzen der Wähler wider – und die Erbschaftsteuer ist einfach kein
Thema. Reichtum wird akzeptiert, sobald er durch einen Todesfall erworben
wurde. Das mag bizarr sein, aber es geht ja nicht um Logik, sondern um
Gefühle.
25 Aug 2021
## LINKS
[1] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.560982.de/17-27-3.pdf
[2] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/08/PD21_403_736.h…
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Tabaksteuer_(Deutschland)
[4] https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-ein-prozent-besitzt-ein-drittel-…
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Erbschaftsteuer
Vermögen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Umverteilung
GNS
Erbschaftssteuer
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Armut
Currywurst
Christoph Butterwegge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Volkswirt über Erbschaftsteuer: „Viele Privilegien für Milliardäre“
FDP und Union wollen höhere Freibeträge bei der Erbschaftsteuer. Sie mogeln
sich um die eigentliche Debatte herum, sagt Finanzexperte Gerhard Schick.
Die Wahl für Erb:innen: Vermögende bleiben verschont
Erbschaft verschärft die Ungleichheit bei Vermögen. Trotzdem traut sich die
Politik nicht an eine Reform der Erbschaftssteuer.
Philosoph über Umverteilung: „Alle wollen Gerechtigkeit“
Leistung ist kein gutes Kriterium für eine gerechte Verteilung. Stattdessen
braucht es mehr Umverteilung, meint der Philosoph Stefan Gosepath.
Die These: Einfamilienhaus gleich Currywurst
Die Debatte um ein vermeintliches Verbot von Einfamilienhäusern ähnelt der
um den Veggie-Day. Aber: Wir leben heute in einer anderen Welt.
Butterwegge über Bundespräsidentschaft: „Ich vertrete SPD-Überzeugungen“
Christoph Butterwegge ist sicher, dass man Reichtum antasten muss.
Rechtspopulisten würde er als Präsident klare Kante zeigen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.