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# taz.de -- Deutsches Olympiasilber im Gehen: Der Brieffreund
> Jonathan Hilbert gewinnt völlig überraschend die Silbermedaille im Gehen
> über 50 Kilometer. Er setzt damit eine Traditionslinie fort.
Bild: Sensation in Sapporo: 50 km Gehen, Jonathan Hilbert kommt als Zweiter ins…
Im Erfurter Steigerwald im Süden der Stadt gibt es ein Asphaltband. Man
nennt es die „Gauder-Runde“. Sie wurde für den im Vorjahr verstorbenen
[1][Olympiasieger im Gehen, Hartwig Gauder], gezogen. Die Luft dort oben im
Mischwald ist gut und frisch. Das schätzt auch Jonathan Hilbert, der nun in
Tokio die Geher-Tradition des Thüringer Städtchens an der Gera hochgehalten
hat.
Der 26-Jährige ist am Freitag im schwül-warmen Sapporo Olympiazweiter auf
der mörderischen 50-Kilometer-Strecke geworden. In 3:50:44 Stunden eierte
er nur knapp hinter dem Polen Dawid Tomala (3:50:08) ins Ziel.
Hilbert hat sich selber überrascht. Ein Platz unter den besten 15 wäre gut,
einer unter den Top Ten noch besser gewesen, hatte er für sich festgelegt.
Aber Silber? Das wollte der in Mühlhausen geborene Athlet nicht so recht
glauben.
Er war zwar im Vorfeld des Wettkampfes, [2][den es bei den Olympischen
Spielen von Paris nicht mehr geben wird], auf Platz vier der Weltrangliste
geführt worden, hinter drei Japanern. Aber was heißt das schon? Seine sehr
gute Zeit von 3:43:44 Stunden hatte Hilbert im Frühjahr bei den Deutschen
Meisterschaften erlaufen. Das Wetter damals: acht Grad und Nieselregen.
Solche Bedingungen mag Hilbert gern.
## Gehen in der Hitzekammer
Um sich aber auf ganz andere klimatische Herausforderungen in Japan
vorzubereiten, hat er mit Bundestrainer Ronald Weigel und seinem
Heimtrainer Petro Zaslavskyy eine Trainingsschikane ausgeheckt: Läufe in
einer 35 Grad heißen und mit feuchten Handtüchern bestückten Kammer, die
zur Simulation der japanischen Härten diente; Weigel hat übrigens die
letzten olympischen Geher-Medaillen für deutsche Verbände erlaufen:
[3][1988 und 1992.]
Das war sicherlich, neben dem Höhentrainingslager in Livigno, eine gute
Maßnahme, denn in Sapporo, viel weiter nördlich gelegen als Tokio, war es
entgegen der Hoffnungen nicht viel kälter als in der Olympiametropole.
Hilbert aber hatte schon am Morgen nach dem Aufstehen gemerkt, dass dies
„ein spezieller Tag“ werden könnte. Er fühlte sich einfach gut. Die auf
Akkuratesse, Bodenhaftung und Kniestreckung achtenden Geh-Richter hatten
auch ein Einsehen und zeigten Hilbert nur zwei Verwarnungen – und dann war
da noch die mentale Unterstützung durch seine Freundin, die ihm nicht nur
ein Paket Briefe mit auf die Reise gegeben hatte, sondern ihm in
stundenlangen Facetime-Videochats Mut machte.
Er sei an einigen Tagen schlecht drauf gewesen, berichtete Hilbert. Im Ziel
konnte davon keine Rede mehr sein. Tränenreich dankte er der Freundin, und
sein ungläubiges Staunen über diesen Coup wird er wohl bis nach Erfurt
tragen, auf die berühmte „Gauder-Runde“.
6 Aug 2021
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=2XEg_3_EGzc
[2] https://www.nytimes.com/2021/08/05/sports/olympics/racewalking-olympics.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Ronald_Weigel
## AUTOREN
Markus Völker
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Leichtathletik
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