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# taz.de -- Um Hilfe bitten: Wieso ist es nur so schwer?
> Um Entschuldigung bitten, kann ich gut. Doch im Um-Hilfe-Bitten bin ich
> noch Anfängerin. Und auch Hilfe anzubieten will gelernt sein.
Bild: Es muss schon schlimm sein, bis ich mir endlich eingestehe, dass ich Hilf…
Ich starte die Kolumne mal, indem ich meine treuen Leser*innen um
Entschuldigung bitte. Auch wenn es heute eigentlich um etwas anderes geht.
Nämlich um Hilfe bitten. Aber zuerst die Entschuldigung. Ich habe mir vor
ein paar Wochen alle meine Kolumnen durchgelesen und festgestellt, dass es
thematisch ganz schön wild zugeht und [1][der Kolumnenname „Bei aller
Liebe“] etwas irreführend ist, da es – wie Sie sicher wissen – nicht imm…
um Liebe geht.
[2][Oft geht es um Rassismus] und entgegen dem, was viele
Twitter-Poet*innen meinen, ist auch Liebe leider nicht die Lösung gegen
Rassismus. Jedenfalls entschuldige ich mich für die emotionale
Achterbahnfahrt, die meine Kolumne thematisch darstellt. Zurück zum
ursprünglichen Thema: Um Hilfe bitten. Ich habe es eben bewiesen: Es fällt
mir viel leichter, um Entschuldigung zu bitten als um Hilfe. Ich
entschuldige mich ziemlich oft, weil ich oft danebenliege und es mir offen
gestanden überhaupt nichts ausmacht, um Entschuldigung zu bitten.
Also in Sachen „um Entschuldigung bitten“ bin ich definitiv ein Profi. Doch
wenn es darum geht, um Hilfe zu bitten, werde ich zur Anfängerin. Es muss
schon schlimm sein, bis ich mir endlich eingestehe, dass ich Hilfe brauche.
Es kann eine Gardinenstange sein, die ich seit April 2018 anbringen will,
es kann um ein Paket gehen, das jemand für mich abholen soll, es kann aber
auch um größere, schwerere Dinge gehen: Ich brauche jemanden zum Reden. Mir
geht’s nicht gut.
Ich habe letzten Oktober mit Therapie begonnen. Das war das erste Mal, dass
ich mich nicht geschämt habe, um Hilfe zu bitten. Ich würde von mir selbst
behaupten, dass ich gerne helfe (Vermutlich sagt das jede*r über sich) und
dass ich mich freue, wenn ich andere unterstützen kann und dass es auch die
Freundschaften oder Beziehungen nicht verändert. Warum fällt es mir dann so
schwer, um Hilfe zu bitten?
Es ist nicht Rocket Science, wie man so schön sagt. Ich möchte nicht
schwach erscheinen, und um Hilfe bitten erscheint mir schwach? Aber das
kann nicht alles sein. Ich wurde in dem Glauben erzogen, dass stark sein
und anderen helfen das wichtigste im Leben sei. Was ich mir nicht
eingestehen wollte, ist, dass Helfen mich selbst größer und stärker fühlen
lässt. In manchen Situationen kann Helfen auch etwas Paternalistisches und
fast Gönnerhaftes haben. „Schau mal, du kleines hilfsbedürftiges Ding, ich
helfe dir mal.“
Die Person, die hilft, bestimmt in der Regel auch die Bedingungen. Das hat
meiner Meinung nach wenig mit dem rein altruistischen Helfen zu tun. Oft
sieht man das, [3][wenn Menschen aus Hilfsbereitschaft], aber vor allem aus
einem großen Aktionismus heraus Kleidung in Krisengebiete schicken, obwohl
die Menschen Telefonkarten oder Geld brauchen. Ich habe festgestellt, dass
ich auch nicht davor gefeit bin. Ich helfe gerne, aber oft zu meinen
Bedingungen. Verdammt, das heißt, ich muss jetzt zwei Dinge lernen: Um
Hilfe bitten und die richtige Hilfe anbieten.
11 Aug 2021
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## AUTOREN
Anna Dushime
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