# taz.de -- Ekel-Bodensatz in Wasserflaschen: Erst Gluckgluck, dann Spuckschluck | |
> Was vom Tage in einer Wasserflasche übrigbleibt, sind Sekrete, | |
> Mikropartikel, Reste, Schleim. Ein Horror, den die Sodamaschine noch | |
> potenziert. | |
Bild: Spuckschluck: was nach einem harten Tag in der Wasserflasche übrigbleibt | |
Vor inzwischen zehn Jahren schmähte die Politikwissenschaftlerin Christiane | |
Florin in [1][einem legendär uninspirierten Zeit-Artikel] die Studierenden | |
in ihrem Seminar als Ich-bezogene Wassertrinker:innen; ich bin ein Prototyp | |
dieser Generation. Wohlan, lieber wandele ich als Wassertrinker mit | |
schwebender Skepsis durch die Welt, als ein ledergegerbter [2][Boomer] zu | |
sein, in dessen Poren Frust, Schweiß und Filterkaffee zu einem | |
undurchdringlichen Stillstandsaggregat verklumpen – aber das nur am Rande. | |
Ich trinke also sehr viel Wasser. Pro Tag sicher drei Liter, manchmal mehr. | |
Doch hat mir der Spuckschluck den Wassergenuss verleidet. Spuckschluck | |
heißt das, was nach einem harten Tag unten in der Anderthalbliterflasche | |
übrigbleibt. Wasserwasser, Körperwasser, Schleim, Mikropartikel, Sekrete, | |
Reste, Nahrung. Eine Zeit lang sog ich diesen Bodensatz unwissend in mich | |
hinein; eine weitere Zeit lang schüttete ich ihn angewidert weg. | |
Dann trat die Sodamaschine in mein Leben. Kaum noch Schleppen, ja, klar, | |
aber auch: neue Probleme. Einmal wäre das Gerät fast explodiert, was wäre | |
das für ein würdiger Tod für uns beide gewesen. Und im Alltag die ewige | |
Frage: mit dem Mund aus der Sodamaschinenflasche trinken? Gläser sind | |
hygienischer, dafür etwa nachts im dürstenden Halbschlaf auch | |
unfallgefährdeter. | |
Im Gegensatz zur klassischen Haustierflasche (im Anglizismus des Volksmunds | |
„PET“ genannt) wird diese Flasche mehrfach verwendet. Der Prozess der | |
Verspuckung geschieht hier additiv, potenziert sich zu impermeablen | |
Superschleimschichten. Jeden Tag wird die Hartplastikflasche trüber und | |
trüber, milchiger und milchiger, kalker und kalker. Wenn das innere | |
Ökogewissen das Wegschütten alter Drittelfüllungen aus Gründen des | |
sinkenden Grundwasserspiegels verbietet, droht das Feuchtbiotop vollends zu | |
verseuchen. | |
Doch auch Wasserwechsel und regelmäßige Spülungen helfen nur bedingt. Denn | |
da gibt es noch die kleinen Rillen, in die der Verschluss greift. Außen | |
eine schicke, glatte, schwarze Fläche, innen geht die unreine Post ab. Wenn | |
Sie so ein Gerät besitzen, wissen Sie, was ich meine: undefinierbaren | |
Debris, krümelige Schlacke, Dunstdreck der übelsten Sorte. | |
Was tun? Jede Woche eine neue Soda-Flasche kaufen? Oder eine neue Wohnung? | |
Die Suppe direkt im Mund aufsprudeln? Einen Tropf legen lassen? So viel ist | |
klar: Die frischen Jahre sind vorbei. In ein paar Jahren steige ich um auf | |
drei Liter Filterkaffee. Sofortige Verschrumpelung, Aufplustern der | |
nervösen Adern, Reabsorption des Nachtschweißes. | |
Guten Morgen! | |
13 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zeit.de/2012/21/P-Politikwissenschaft | |
[2] /Planetarer-Generationenvertrag/!5686760 | |
## AUTOREN | |
Adrian Schulz | |
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