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# taz.de -- EM-Stimmung in Köln: Ein bisschen Italianità
> Bei Europameisterschaften kann etwas man über die Herkunft und die
> Sympathien der NachbarInnen lernen. Und die deutsche Flagge wird
> vorsorglich mitgeschleift.
Bild: Rot-Weiß-Grün regiert derzeit nicht nur in Italien
Plötzlich zurück. So kann es gehen. [1][Gerade noch in Rom], beinahe in
London, und jetzt nicht Madrid oder Mailand, sondern Köln. Schuld ist die
Delta-Variante in Großbritannien. Die Uefa hat die Kontingente für
JournalistInnen beschränkt, sodass es wesentlich schwieriger für Medien
ist, zum Halbfinale oder Finale zu reisen.
Nach einer Woche Hin und Her – darf man nach London fliegen? Wie viel
Papierkram braucht man dafür? Gilt bei der Rückkehr Quarantäne? – und einem
fast unschlagbaren Plan, alles doch noch möglich zu machen, hat die Uefa
den ganzen Überlegungen ein humorloses Ende gesetzt und mir schlicht keine
Akkreditierung erteilt. Plötzlich ist die EM vorbei. Vom euphorisierten
Italien, das zum Finale auch zunehmend seine Lust an Beflaggung entdeckt,
fliege ich zurück nach Köln, wo, ja, wo eben keine EM ist. Oder?
Schon bei einem kurzen Zwischenstopp während des Turniers war ich
überrascht. Von allen Leuten hatte ich gehört, dass diesmal nicht so
richtig EM-Atmosphäre herrsche, aber wenn man von außen dazustieß, sah das
anders aus. Die Bäckerin am Deutzer Bahnhof diskutierte mit ihren Kunden
sehr inbrünstig das letzte Spiel von Ich-weiß-nicht-wem, von dem sie nun
enttäuscht sei, und wem sie nun das Weiterkommen wünsche.
Meine Ärztin beim Impftermin sprach sofort nur noch vom Turnier, fast alle
Spiele hatte sie geschaut, von der unmöglichen Taktik der Deutschen, mit
denen sie erst gefiebert hatte, und wie sie jetzt den Dänen die Daumen
drücke. Beide übrigens Deutsche mit sogenanntem Migrationshintergrund. Eine
[2][kollektive Sympathie für die Dänen] schaffte es auch bis nach Köln. Und
damals war ich überrascht, wie viele Flaggen im Viertel meiner Eltern
hingen. Das kann man nationales Gedöns nennen oder nicht, aber egal war
dieses Turnier jedenfalls nicht.
## Vorsorglich ergänzt durch deutsche Fahnen
Die deutschen Flaggen sind weniger geworden Aber auch die neuen Stofftücher
spiegeln deutsche Geschichte: Es sind jetzt vor allem italienische, die da
hängen. Immer auch vorsorglich ergänzt durch eine gleichgroße deutsche
Fahne, womöglich [3][um der rassistischen Empörung der NachbarInnen zu
entgehen], vielleicht auch aus zweierlei Herz gesprochen.
Die Weetschaff op d’r Eck hat es am hingebungsvollsten übertrieben und weiß
wirklich jeden Meter Außenfassade zu nutzen: Handgezählte sechs
Deutschlandfahnen und zwei Italienfahnen hängen nun da. Wozu braucht es
eigentlich Fenster? Deutschland sieht man, wenn ich es recht überlege, nur
noch in Kombination mit Italien, pflichtschuldig mitgeschleift wie der
kleine Bruder am Schwimmflügelchen. In der Straße meiner Eltern ist eine
Wohnung nicht nur deutsch-italienisch ausgekleidet, sondern fordert mit
professioneller Fußballflagge gleich „Forza Azzurri“.
Ich gucke gern auf die Fassaden und hatte keine Ahnung, wie viele
Italienischstämmige, vielleicht auch einfach SympathisantInnen hier leben.
Man lernt durch eine EM ja doch noch was über die NachbarInnen.
10 Jul 2021
## LINKS
[1] /Jubel-um-Italiens-EM-Finaleinzug/!5780715
[2] /Daenemark-vor-EM-Halbfinale-gegen-England/!5780645
[3] /Italienfeindlichkeit-in-Deutschland/!5779372
## AUTOREN
Alina Schwermer
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