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# taz.de -- Teich-Tüv muss ran: Jeder Tümpel ein Risiko
> Lauenburg und Lütau lassen ihre Gewässer vom TÜV begutachten. Ziel ist
> es, eine Haftung auszuschließen, falls darin jemand ertrinkt.
Bild: Es müsste nicht unbedingt Stacheldraht sein: Sicherung eines Sees
Hamburg taz | Wann ist ein Teich so gefährlich, dass er besonders gesichert
werden muss – vom simplen Schild bis hin zum Zaun? Diese Frage lassen die
schleswig-holsteinische Stadt Lauenburg und das mit ihr gemeinsam
verwaltete Amt Lütau jetzt vom TÜV-Nord klären. Hintergrund ist ein Fall
aus Hessen, wo drei Kinder in einem Dorfteich ertranken und der
ehrenamtliche Bürgermeister dafür haftbar gemacht wurde.
Im hessischen Seigertshausen waren im Sommer 2016 drei unbeaufsichtigte
Kinder einer Familie ums Leben gekommen. Eines von ihnen konnte
[1][schwimmen], ein zweites ein wenig, das Dritte gar nicht. Wie das
Amtsgericht Schwalmstadt 2020 feststellte, ertranken sie, weil die nächst
gelegene Uferböschung so steil und glitschig war, dass sie sich nicht
herausziehen konnten.
Das Gericht verurteilte den Bürgermeister wegen fahrlässiger Tötung. Die
Strafe von 120 Tagessätzen à 100 Euro setzte es zu Bewährung aus. Aus Sicht
des Gerichts hätte der Bürgermeister erkennen müssen, dass die steile
Pflasterung der Böschung eine besondere Gefahr darstellte. Ein Schild
aufzustellen mit der Aufschrift „Teichanlage – Betreten auf eigene Gefahr �…
Eltern haften für ihre Kinder“ habe nicht gereicht.
„Das fanden wir schon sehr bemerkenswert“, sagt Christian Asboe vom
Lauenburger Stadtentwicklungsamt mit Blick auf das Urteil. Damit es den
zehn ehrenamtlichen Bürgermeistern des Amtes Lütau nicht eines Tages
genauso ergeht, will die Verwaltung jetzt vorsorgen.
## Gutachten für jeden Teich
Nach Auskunft Asboes hat sie für jeden der Teiche, von denen es in jedem
Dorf mindestens einen gebe, ein Gutachten in Auftrag gegeben. Kostenpunkt:
jeweils rund 1.200 Euro. Am Ende sollen Empfehlungen stehen, ob und wie die
Teiche gesichert werden sollten.
Die Lauenburger Verwaltung habe sich ein Vorbild an der Stadt Bargteheide
genommen, die bereits mit dem [2][TÜV] zusammenarbeite. Besondere Gutachten
seien notwendig, weil es für einfache Dorfteiche keine DIN-Normen gebe, wie
sie zu sichern seien – in Gegensatz zu etwa Feuerlöschteichen oder
Regenwasserrückhaltebecken. „Die sind alle eingezäunt“, sagt Asboe.
Der TÜV-Nord konnte auf Fragen der taz zu der Teich-Prüfung vor
Redaktionsschluss nicht antworten. Hinweise darauf, wann Amtsträger haften
müssen, was Teiche besonders gefährlich macht und wie dem begegnet werden
könnte, finden sich jedoch in dem [3][Urteil des Amtsgerichts
Schwalmstadt]:
Grundsätzlich, stellte die Richterin fest, falle es „unter das ‚allgemeine
Lebensrisiko‘, sich einem natürlichen Gewässer zu nähern“. Allerdings sei
der Teich verändert worden – unter anderem durch die Befestigung des
Westufers im 45-Grad-Winkel mit Pflastersteinen. So etwas komme in
natürlichen Gewässern nicht vor.
Durch Nässe und Verschlammung sei diese Böschung so rutschig gewesen, dass
selbst ein erwachsener Schwimmer den Teich an dieser Stellte nicht hätte
verlassen können. Ein Kind habe sich bei dem erfolglosen Versuch, den Teich
an dieser Stelle zu verlassen leicht an den Fingernägeln verletzt.
Der Bürgermeister habe überdies damit rechnen müssen, dass Kinder an dem
Teich spielen. Dieser diene seit Generationen als Schwimmteich und sei per
se für Kinder anziehend. Dazu komme, dass die Gemeinde das Teichgelände
durch einen Beachvolleyball-Anlage, eine Grillhütte und eine Toilette als
Freizeitgelände attraktiv gemacht habe.
Was also hätte die Gemeinde tun müssen? Sie hätte ein Schild mit einer
ertrinkenden Person aufstellen können, wie sie es nach dem Unfall tat, fand
die Richterin. Des Weiteren schlug sie Rettungsleinen, Ausstiegshilfen wie
Griffe und Schwimmelemente vor, Unterwassergitter oder die Wassertiefe zu
verringern. Im Übrigen sei der Bürgermeister gehalten gewesen, „sich in
Zweifelsfällen fachkundiger Unterstützung zu bedienen“. Das tun die
Lauenburger jetzt.
9 Jul 2021
## LINKS
[1] /Schwimmen-koennen-und-das-Ueberleben/!5419897
[2] https://www.tuev-nord.de/de
[3] https://openjur.de/u/2307623.html
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Haftung
Schwimmen
TÜV
Sicherheit
Schwimmen lernen
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