# taz.de -- Bericht der Agrarkommission: Bauernverbände für mehr Öko | |
> Bauern, Umweltlobbyisten und Verbraucherschützer haben gemeinsam Ideen | |
> für die Landwirtschaft entwickelt – und sich auf fünf wichtige Punkte | |
> geeinigt. | |
Bild: Kühe, die tierfreundlich auf der Weide grasen, geben weniger Milch als i… | |
BERLIN taz | Die Deutschen essen weniger Fleisch, Tierbestände schrumpfen, | |
Bauern werden für ökologische Leistungen honoriert. Das fordert keine | |
vegetarische Vereinigung. Das fordert nun der Bauernverband. Und zwar | |
zusammen mit 30 großen Verbänden der Umwelt- und Tierschützer, der | |
Verbraucher, der Händler und Nahrungsmittelhersteller. Auch führende | |
Wissenschaftler sind dabei. | |
Seit einem Jahr berät die Zukunftskommission Landwirtschaft im Auftrag der | |
Bundesregierung, wie es künftig auf Äckern, in Ställen und im Supermarkt | |
aussehen soll. Am Dienstag hat das Expertengremium seinen [1][gut | |
170-seitigen Abschlussbericht] an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) | |
übergeben. Es sei „ein bedeutsamer Tag“ in der Geschichte der | |
Landwirtschaft, meinte sie. Der Bericht markiert eine Wende. | |
Noch vor Kurzem standen sich Vertreter der konventionellen Bauern und der | |
Umwelt- und Tierschützer unversöhnlich gegenüber. Was tun gegen den | |
Klimawandel, den Schwund von Insekten und zu viel Gülle? Der Druck, etwas | |
zu ändern, ist gestiegen – etwa durch den Handel. | |
Erst vor wenigen Tagen hat zum Beispiel der Discounter Aldi angekündigt, | |
bis 2030 nur noch Frischfleisch aus Ställen mit höheren Tierwohlstandards | |
zu verkaufen. Dazu kommt der historische Beschluss des | |
Bundesverfassungsgerichtes Ende April, nach dem die Regierung ihre | |
[2][Klimaziele verschärfen] musste, auch für die Landwirtschaft. | |
## „Wir sind nicht aufeinander losgegangen“ | |
Peter Strohschneider, Kommissionsvorsitzender und Ex-Präsident der | |
Deutschen Forschungsgemeinschaft, sagt: „Wir haben die Fragen | |
versachlicht.“ Werner Schwarz, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, | |
meint: „Wir sind aufeinander zu und nicht aufeinander losgegangen.“ Die | |
entscheidenden 5 Punkte des Abschlussberichts: | |
Erstens: Die deutsche Landwirtschaft verursacht Kosten, weil sie das Klima | |
anheizt, die Böden und das Grundwasser belastet und am Ende der | |
menschlichen Gesundheit zu schaffen macht. Diese Kosten summieren sich laut | |
Bericht auf 90 Milliarden Euro pro Jahr. Bisher trage diese die | |
Allgemeinheit. | |
So koste ein Kilo Rindfleisch in Wahrheit fünf- bis sechsmal so viel wie | |
derzeit auf dem Preisschild steht. Eier oder Käse seien zwei- bis viermal | |
so teuer. Bauernvertreter erkennen damit erstmals an, was bisher vor allem | |
Umweltschützer beklagten: Die derzeitigen Produktionsweisen überlasten den | |
Planeten, aber nur die Gesellschaft zahlt. | |
Doch zugleich – Punkt zwei – ist die wirtschaftliche Lage der Bauern | |
unstrittig schwierig: Habe es in der alten Bundesrepublik vor 50 Jahren | |
noch über 1,1 Millionen Agrarbetriebe gegeben, ist deren Zahl bis heute auf | |
insgesamt 263.500 in allen 16 Bundesländern gefallen, schreiben die | |
Experten. In Westdeutschland machten jedes Jahr zwei bis drei Prozent der | |
Höfe dicht. | |
## „Ökonomisch tragbare Lösungen“ | |
„Natürlich braucht es da ökonomisch tragbare Lösungen“, sagt Olaf Bandt, | |
der Chef des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er | |
verstand: „Wer will, dass Bauern umweltverträglicher wirtschaften, muss sie | |
dafür besser bezahlen.“ Kühe, die in einem Boxenlaufstall mit Kraftfutter | |
versorgt würden, gäben zum Beispiel mehr Milch als jene, die tierfreundlich | |
auf der Weide grasten. Die Umweltverbände gingen auf die Bauern zu, | |
verzichteten auf Öko-Vorschriften und Ordnungsrecht, etwa zur Minderung von | |
Nitrat im Grundwasser. | |
Dass Naturschutz zur Einkommensquelle werden soll, es Geld für mehr Klima- | |
und Umweltschutz geben soll – das ist so was wie der Schlüssel für die | |
Einigung der Kommission. Er zieht Punkt 3 nach sich: | |
Jedes Jahr müssten, so rechnen die Mitglieder vor, bis zu elf Milliarden | |
Euro aufgebracht werden, damit Landwirte in tiergerechte Ställe und | |
ökologische Landwirtschaft investieren, Blühwiesen anlegen und Moore | |
renaturiert werden können. Langfristig sollen die EU-Agrarsubventionen | |
nicht mehr nach der Größe der Höfe gezahlt werden, sondern nur noch nach | |
Umweltpraktiken. Allerdings bleibt eine Finanzlücke. | |
Diese soll – Punkt vier – etwa über eine Tierwohlabgabe geschlossen werden. | |
Die von CDU-Bundesagrarministerin Julia Klöckner eingesetzte | |
Nutztier-Kommission hat unlängst 40 Cent pro Kilogramm Fleisch und Wurst, | |
zwei Cent pro Liter Milch, 15 Cent pro Kilo Käse und Butter vorgeschlagen. | |
Die Zukunftskommission macht sich zudem für eine Abgabe auf Zucker, Salz | |
oder Fett stark. Im Gegenzug soll die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse | |
gesenkt werden. Hartz-IV-Empfänger sollen zudem höhere Zahlungen für | |
Lebensmittel erhalten. | |
Am Ende, so kamen die Kommissionsmitglieder überein – das ist Punkt 5 – | |
sieht die Landwirtschaft anders aus. „Aller Voraussicht nach“ gehe der | |
Umbau mit einer „Reduktion der Gesamtnutztierbestände“ einher, heißt es in | |
dem Bericht. | |
6 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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