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# taz.de -- Indonesien ist Südostasiens Hotspot: Eine Coronawelle „wie ein T…
> Indonesiens Regierung versucht, mit einem Teillockdown die rasante
> Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus zu bremsen.
Bild: In Surabaya werden provisorische Särge für Corona-Opfer gezimmert
Berlin taz | Mit Straßensperren und mehr als 400 Kontrollpunkten auf den
Inseln Java und Bali versuchen Indonesiens Polizei und Militär seit
Samstag, die Mobilität stark einzuschränken und von der Regierung erlassene
Restriktionen durchzusetzen. 21.000 Polizisten und 32.000 Soldaten sind
laut dem Magazin [1][Tempo] dafür auf den beiden Inseln mobilisiert worden,
wo rund 55 Prozent der 275 Millionen Indonesier:innen leben.
Präsident Joko Widodo hatte den Teillockdown am Donnerstag verkündet.
Schulen, Moscheen, Restaurants und Einkaufszentren müssen zunächst bis 20.
Juli schließen. Mitarbeitende von Unternehmen sollen von zu Hause aus
arbeiten, Schüler:innen online unterrichtet werden. Reisen sind nur noch
jenen erlaubt, die mindestens eine Impfdosis erhalten haben.
„In den nächsten zehn Tagen, vielleicht zwei Wochen, können die Infektionen
trotzdem noch ansteigen“, sagt Luhut Binsar Pandjaitan, der mit der
Pandemiebekämpfung beauftragte Minister. Der Ex-General und frühere
Stabschef Widodos ist eigentlich Koordinationsminister für
Marine-Angelegenheiten. Mit den Restriktionen hofft er, die Neuinfektionen
auf zunächst unter 10.000 pro Tag zu drücken.
In den letzten zwei Wochen hat es in Indonesien fast täglich neue
Rekordwerte bei Infektionen und Toten gegeben. Die Infektionen haben sich
im vergangenen Monat vervierfacht. Adib Khumaidi von der
Medizinervereinigung nannte die aktuelle Welle einen „Tsunami“.
## Zuletzt fast täglich neue Höchstwerte
Am Samstag wurden mit 27.913 Ansteckungen in 24 Stunden neue Höchstwerte
verzeichnet, dazu gab es 493 Tote gegenüber 539 am Vortag. Offiziell wurden
inzwischen 2,26 Millionen Ansteckungen gezählt. Doch geht auch die
Regierung von einer hohen Dunkelziffer aus.
Bisher starben 60.027 Menschen an oder mit Covid-19. Indonesien ist damit
das am stärksten betroffene Land Südostasiens. Einen vollen Impfschutz
haben erst fünf Prozent der Bevölkerung; gut zehn Prozent haben die erste
Dosis erhalten.
Viele Krankenhäuser sind bereits überlastet. Sie nehmen kaum noch
PatientInnen auf und wenn, müssen sie diese zum Teil sogar in Zelten auf
ihren Parkplätzen unterbringen. Bei einer Webseite der
Gesundheitsverwaltung, die normalerweise freie Betten meldet, kommt das
Personal mit der Aktualisierung nicht mehr nach.
Wie zuvor in Indien geschehen reicht jetzt auch in Indonesien der
verfügbare Sauerstoff für künstliche Beatmungen nicht mehr. Über soziale
Medien suchen Angehörige verzweifelt nach Sauerstoffflaschen für infizierte
Familienmitglieder.
Laut Gesundheitsminister Budi Gunadi Sadikin würden jetzt drei Viertel der
für die Industrie vorgesehenen Sauerstoffproduktion vorübergehend in den
Gesundheitsbereich umgeleitet. „Wir haben von Indien gelernt“, sagt er.
## In Indien um Rat gefragt
Berichten zufolge hatte Präsident Widodo den indischen Premierminister
Narendra Modi um Rat gebeten. Denn Indien konnte seine hohen
Infektionszahlen inzwischen stark senken.
Doch im Vergleich mit dem wesentlich ärmeren Indien sind in Indonesien die
Testzahlen pro Kopf um zwei Drittel niedriger. Zurzeit fallen in Indonesien
mehr als 40 Prozent der Tests positiv aus. In Indonesiens Krankenhäusern
liegt auch die Zahl der Intensivbetten (insgesamt knapp 8.500) pro Kopf
gerechnet um die Hälfte niedriger als in Indien.
Nach Meinung von Kritikern folgt Indonesiens Regierung nur halbherzig den
Lehren aus Indien. „Der Lockdown hätte früher kommen müssen und dann nicht
nur in Java und Bali, sondern im ganzen Land“, sagte etwa der Epidemiologe
Irwan Muryanto der Nachrichtenagentur [2][Reuters].
Die jetzigen hohen Infektionszahlen werden auf eine Reisewelle zum Ende des
Fastenmonats Ramadan im Mai zurückgeführt, als über Familienbesuche das
Virus verbreitet wurde. Deshalb sollen die jetzigen Einschränkungen auch
erst nach dem dem 19. Juli, dem nächsten Feiertag mit traditionellen
Familienbesuchen, gelockert werden.
## In Jakarta dominiert die Delta-Variante
Eine weitere Ursache ist die Ausbreitung der Delta-Variante des
Coronavirus, die wesentlich ansteckender ist. Laut Jakartas Gouverneur
Anies Baswedan gehen in der Hauptstadt inzwischen 87 Prozent aller
Anstecklungen auf die Delta-Variante zurück. Auf welchen Wegen sie ins Land
kam, ist noch unklar.
Für den Fall, dass der jetzige Teillockdown verpufft, befürchtet der
indonesische Epidemiologe Dicky Budiman von der australischen Universität
Griffith bis zu 500.000 Infektionen und 2.000 Tote pro Tag.
Die Regierung hofft dagegen, bis Anfang 2022 180 Millionen Bürger:innen
geimpft zu haben, schon ab August sollen eine Million Dosen täglich
verimpft werden. Doch noch gibt es nicht genug Impfstoff. Bisher wurde vor
allem das chinesische Vakzin von Sinovac verwendet. Es soll aber womöglich
nicht ausreichend gegen die Delta-Variante schützen. Laut
Gesundheitsminister Budi hatte bisher aber nur Sinovac zuverlässig
geliefert.
5 Jul 2021
## LINKS
[1] https://en.tempo.co/read/1479081/thousands-of-police-military-personnel-to-…
[2] https://www.reuters.com/world/asia-pacific/indonesia-looked-india-lockdown-…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
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